Das Passwort muss @$&%!~*’€# enthalten

Passwörter sind nicht für die Ewigkeit. Darum bietet es sich an, sie gelegentlich zu ändern. Ist ja auch kein Problem. Und so quetscht man sich eben eine Kombination aus einem Wort und einer Zahl heraus, tippt sie freudig in das Formular – und starrt danach auf die rote Schrift. „Das Passwort muss mindestens acht Zeichen lang sein.“ Ja, das leuchtet ein. Sonst könnte es ja jeder knacken, also dann eben ein längeres Wort. Ist ja kein Problem. „Das Passwort muss mindestens einen Großbuchstaben enthalten.“ Gut, schreibt man den ersten Buchstaben eben groß. Ist ja kein Problem. „Das Passwort muss mindestens einen Großbuchstaben enthalten, der nicht am Anfang stehen darf.“ Ach, klar. Ist ja kein Problem, setzt man ihn eben ans Ende. „Das Passwort muss mindestens einen Großbuchstaben enthalten, der nicht am Ende stehen darf.“ Oh, na gut, dann eben ein Buchstabe irgendwo in der Mitte, merkt man sich schon irgendwie. Ist ja kein Problem. „Das Passwort muss mindestens zwei Ziffern enthalten.“ Verständlich, sonst kann man es ja viel zu leicht knacken. Also gut, dann eben zwei Ziffern. Ist ja kein Problem. „Das Passwort muss mindestens ein Sonderzeichen enthalten.“ Oh, ja, dann schreibt man eben statt des „S“ in der Mitte des Wortes einfach ein Dollarzeichen. Sieht ja fast gleich aus und merkt man sich locker. Ist ja kein Problem.

„Das Passwort muss mindestens einen Reim enthalten.“ Sehr gut, dann merkt man es sich ja gleich viel leichter. „Das Passwort muss eine Melodie enthalten.“ Gute Idee, vielleicht wird ja ein Hit draus – Notiz an mich selbst: Helene Fischer die Idee anbieten. „Das Passwort muss mindestens eine Hieroglyphe enthalten.“ Gute Idee, mal sehen, ob man die Tastatur auf altägyptische Zeichen umstellen kann. „Das Passwort muss das Blut eines Einhorns enthalten.“ So, wo bekommt man das jetzt wieder her? Aber okay, bitte sehr.

„Das Passwort kann nicht geändert werden, weil Sie zu viele Versuche dafür benötigt haben. Bitte starten Sie den Vorgang erneut.“

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 27.10.2014)

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Du siehst gut aus, heute schon gekotzt?

„Normalerweise hast du das Monopol auf schlechte Witze“, sagt die Kollegin entschuldigend, nachdem sie einen schlechten Scherz gemacht hat. Eine solche Situation lässt sich auf drei Arten auflösen. Man steht beleidigt auf und geht. Man macht einen weiteren schlechten Scherz. Oder man führt das Gespräch auf eine Metaebene und erklärt, dass die angesprochenen Sprüche à la „Schmeckt gar nicht mal so gut“ zu einem Sprachstil gehören, der vor allem in den 1970ern und 1980ern sehr gebräuchlich war. Schnodderdeutsch, so erklärt man, geht auf den norddeutschen Begriff „schnoddrig“ zurück, was für provozierend und großsprecherisch steht. Das Wort wiederum geht auf den deutschen Synchronsprecher Rainer Brandt zurück, der TV-Serien und Filmen mit Neologismen, umgewandelten Sprichwörtern und Brüchen in Stil und Logik seinen eigenen Humor aufdrückte. Besonders anschaulich ist das bei der Serie „Die Zwei“ mit Tony Curtis und Roger Moore, deren deutsche Übersetzung zum Teil erheblich vom Original abweicht. „Hände hoch – ich bin Achselfetischist“ oder „Sleep well in your Bettgestell“ wurden zu geflügelten Worten. Nicht zu vergessen „Tschüssikowski“, wie sich der von Curtis gespielte Danny Wilde zu verabschieden pflegte. Sprüche wie „Jetzt gibt’s vor die Sabberrinne!“ oder „Siehst gut aus – heute schon gekotzt?“ machten auch die Filme von Bud Spencer und Terence Hill erfolgreich.

Mit schlechten Witzen, so wird weiter doziert, haben diese Sprüche also nichts zu tun. Vielmehr sind sie ein Stilmittel, das heutzutage viel zu selten angewandt wird, weil sämtliche Filme und Fernsehserien stromlinienförmig und langweilig ins Deutsche übertragen werden. Das möge die Kollegin also bedenken, ehe sie den Vorwurf eines schlechten Humors in den Raum stellt. Und um sie komplett zu verstören, könnte man dann doch noch den Teil mit dem Beleidigt-Weggehen nachholen, ihr dabei zurufen: „Auf Wiedersehen, aber es eilt nicht.“ Und sich insgeheim freuen, dass man bei schlechten Scherzen tatsächlich eine Monopolstellung innehat.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 20.10.2014)

Stoppelgeld im Vorstadtbeisl

Auf Privatsendern war es ja eine Zeit lang ein beliebtes Sendungskonzept, unterschiedliche soziale Welten aufeinanderprallen zu lassen. „Tausche Familie“, „Tausche Frau“ oder „Tausche Leben“ erlaubten dem Fernsehvoyeur, sich an – meist noch zusätzlich inszenierten oder angestachelten – Konflikten zwischen reich und arm, zwischen weltgewandt und provinziell, zwischen tütü und bumbum zu ergötzen. Wirklich originell sind diese Schaukämpfe längst nicht mehr, doch wer die richtigen Freunde hat, muss sich ohnehin nicht mit dem passiven Konsum vor dem Fernseher zufrieden geben – sondern erlebt auch im Alltag seinen persönlichen Clash of Civilizations.

Wenn sich etwa jemand, aus welchem Grund auch immer, dazu entschlossen hat, bis zum Ende des Jahres keinen Alkohol mehr zu trinken. Nur im Vorstadtbeisl – so eines mit Harley-Davidson-Fahne hinter der Bar, nur damit man sich das besser vorstellen kann – ist gerade kein Bier ohne Alkohol vorrätig. Da lehnt sich besagter Freund vor, mustert die Kellnerin in ihrem schwarzen Lederdress und präsentiert einen Vorschlag: Ob sie denn wisse, was Stoppelgeld ist. Um danach, ohne auf die Antwort zu warten, das Konzept dahinter erklärt und vorschlägt, dass er jetzt schnell von daheim zwei Flaschen Schlossgold holen geht. Fast schade, dass in diesem Moment kein Drehteam eines Privatsenders das Gesicht der Kellnerin in einer Nahaufnahme brachte.

Apropos Bierflasche, das muss auch einmal gesagt werden: Die lustigen Behältnisse, deren Kronkorken man aufdrehen kann, haben das Verletzungsrisiko beim Flaschenöffnen doch deutlich erhöht. Zum einen, weil die Zacken ohnehin nicht die angenehmste Oberfläche sind, auf die man mit der Hand Druck ausüben möchte. Zum anderen, weil dadurch auch die Gewohnheit entstanden ist, es bei jeder Flasche zunächst einmal mit Drehen zu probieren. Was beim Großteil der Flaschen, die ausschließlich konventionell mit Flaschenöffner geknackt werden können, sehr schmerzhaft sein kann. Aber zugegeben, genug Stoff für eine eigene Fernsehsendung ist das dann doch noch nicht.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 13.10.2014)

Die Hauptrolle in der Verfilmung von „Tetris“

Gibt es eigentlich irgendetwas, das noch nicht verfilmt wurde? Allzu viel kann jedenfalls nicht mehr übrig sein, wenn ein Unterhaltungskonzern nun sogar schon plant, das Computerspiel „Tetris“ als abendfüllenden Spielfilm auf die Leinwand zu bringen. Ja, genau das, wo mit herabfallenden Blöcken eine Mauer gebaut werden muss, die sich dann auflöst. Bei „Super Mario Bros“ gab es zumindest noch Figuren, die mit Schauspielern besetzt werden konnten. Einen Hollywoodstar dafür zu gewinnen, einen Bauklotz zu spielen, dürfte um einiges schwieriger werden. Wobei die einzelnen Blöcke ja durchaus verschiedene Charaktere sind. Da sind die langen, dünnen mit einem Haken oben – einmal nach links, einmal nach rechts. Dafür reicht schauspielerische Standardware, solange sie Ecken und Kanten hat. Dann die kürzeren mit einem Knubbel in der Mitte, auch dafür braucht man keinen Publikumsliebling, solange sich die Person halt fallen lassen kann. Die s- und z-förmigen Bausteine, die besonders lästig sein können, sind charakterlich wohl am vielschichtigsten, also Kategorie Christoph Waltz. Als Bösewicht bietet sich der quadratische Block an, der durch das Method Acting von Robert De Niro lebendig werden könnte. Und der lange dünne Block wäre für die Heldenfigur reserviert, Scarlett Johansson in der Hauptrolle rettet die Welt. „Inglourious Mauerbau“ oder „Bauklotz unchained“ könnten so zu Kassenschlagern werden.

Und während im Filmstudio das Geld gezählt wird, das die Verfilmung herabfallender Steine einbringt, laufen schon die Vorbereitungen für die nächsten großen Filmproduktionen. Dem Vernehmen nach könnten „Minesweeper“ und „Tic Tac Toe“ als nächstes auf dem Programm stehen. Und sind auch diese Klassiker im Kasten, geht es dann vermutlich an die Verfilmung von Windows 7, ehe Apple dann sein aktuellstes Betriebssystem für das iPhone in ein Drehbuch packt. Irgendwann kommt dann auch noch „MS-DOS – The Movie“ ins Kino. Als Arthouse-Film natürlich. In schwarz-weiß.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 06.10.2014)