Der Bewegungsmelder am Ort, wo die Sonne nie scheint

(c) Erich Kocina

Der demütigende Moment, wenn das Licht gerade in einer sehr angespannten Situation ausgeht.

„Stell dir vor, es geht das Licht aus“, sang Paul Hörbiger in „Hallo Dienstmann“. Eine romantische Situation würde daraus erwachsen, schwang sublim mit, und ließ in den Köpfen der Zuhörer das entsprechende Bild entstehen. Dumm nur, dass das Licht oft in ganz anderen Situationen ausgeht, die mit Kuscheln und Zweisamkeit nur bedingt zu tun haben. In Toiletten von Lokalen zum Beispiel, deren Betreiber Bewegungsmelder installiert haben. Und plötzlich, stell dir vor, geht das Licht aus. Es gehört zu den entwürdigendsten Ritualen, es dann wieder in Gang zu bringen. Da wird mit den Händen gewachelt, Arme in alle möglichen Positionen gebracht, vielleicht erhebt man sich sogar ein bisschen. „Es werde Licht“, möchte man herausbrüllen, doch der Bewegungsmelder hört dich nicht schreien.

Es sind die gleichen bösartigen Apparaturen, die auch in Händetrocknern eingebaut werden. Die feuchten Finger führen wahre Balzrituale auf, um das Gerät zur Herausgabe warmer Luft zu stimulieren. Bläst es dann endlich aus dem Teufelswerk, wagt man die Hände ein wenig in eine andere Position zu bringen, und schon versiegt das Lüftchen auch schon wieder. Vermutlich sitzt irgendwo hinter dem Spiegel ein eigens engagierter Mitarbeiter, der das Gerät händisch steuert und eine höllische Freude daran hat, die Besucher mit dem scheinbaren Bewegungsmelder zu foppen.

Ein kleiner Moment der Demütigung ist es aber auch, wenn man auf einer fancy Flughafentoilette die feuchten Finger unter das violett leuchtende Zeichen mit zwei Händen hält – und nichts passiert. Schon möchte man das Bewegungsmelderlamento anstimmen, als der freundliche Herr mit dem Wischmopp darauf hinweist, dass das kein Föhn ist, sondern ein – sehr hübsch beleuchtetes – Fach zur Entnahme von Handtüchern. Könnte dann schnell das Licht ausgehen, bitte?

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 28.12.2015)

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Als ich viel zu jung im Kino die Jedi-Ritter sehen durfte

Peter Rosegger hat „Star Wars“ nicht gesehen. Sonst hätte er wohl eine Geschichte darüber geschrieben.

Als ich noch der Waldbauernbub war . . . zugegeben, diese Einleitung nimmt man jemandem, der in Simmering aufgewachsen ist, nicht ab. Macht aber nichts, ist ja auch nur als Überleitung gedacht. Von Peter Rosegger nämlich, der viele seiner Jugenderinnerungen mit jenem „als ich“ begann. Und in diesen Geschichten, wenn die Erinnerung nicht trügt, als Waldbauernbub vornehmlich durch Schnee stapfte. Von dort aus soll nun die Kurve gekratzt werden zu einem Erlebnis, das ebenfalls mit einem „als ich“ eingeleitet werden könnte. Und das irgendwann im Winter 1983 stattgefunden haben muss. Da war im „Bravo“-Heft der Schwester von einem neuen Film zu lesen. Vom dritten Teil der „Star Wars“-Saga nämlich, der gerade ins Kino gekommen war. Klar, dass da die Augen zu leuchten begannen, man Luke Skywalker, Darth Vader und all die anderen Gestalten im Kino sehen wollte.

Nur: „Ab 12“ stand im Kinoprogramm. Für einen gerade neun Jahre alt gewordenen Fan ein schier unüberwindbares Hindernis. Riesig war dann auch die Enttäuschung, als die Eltern im Kino fragten, ob man da denn nichts machen könnte. (Was hätte die Ticketverkäuferin auch anderes sagen sollen als nein?) Doch es sollte, das sei vorweggenommen, noch anders kommen. Beim zweiten Versuch wurde einfach nicht gefragt. Die Eltern kauften die Tickets, holten die Kinder von daheim ab. Und auf einmal saß man im Gartenbaukino. Verfolgte mit offenem Mund Raumschlachten, Lichtschwertduelle, die seltsamsten Kreaturen – und war am nächsten Tag in der Volksschule der große Held, der all den Mitschülern davon erzählen konnte.

Hätte Peter Rosegger das erlebt, hätte er daraus vermutlich eine Geschichte gemacht. Wir behalten diese kleine Episode elterlichen Ungehorsams zum Wohle der Kinder aber einfach für uns, ja? In diesem Sinne, frohe Weihnachten. Und möge die Macht mit euch sein!

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 21.12.2015)

return-of-the-jedi

Lasst uns über das s im Adventkalender streiten

Gefangen in der alljährlichen Endlosschleife der Dialoge rund um Weihnachten.

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche. Was im Fall des Weihnachtsbaums mittlerweile gar nicht mehr so einfach ist, schließlich haben schon viele Haushalte auf elektrische Kerzen umgestellt. Die Tradition des Christbaumbrandes wurde dadurch weitgehend verdrängt, der Aufschrei der Kulturbewahrer blieb jedoch aus. Macht ja nichts, es gibt schließlich noch viele andere Traditionen, die es zu bewahren gilt. Etwa die alljährliche Debatte, ob es nun Adventkalender oder Adventskalender heißt. Die wird zwar auch heuer nicht endgültig zu Ende, aber mit Sicherheit in der gleichen Intensität weitergeführt wie vergangenes Jahr, inklusive der Feststellung, dass es keine endgültige Lösung dafür gibt. Damit bleibt auch eine argumentatorische Hintertür dafür offen, die gleiche Debatte von null an erneut anzufachen. Am besten direkt vor dem Weihnachtbaum, von dem man sich das Fugen-s für die Diskussion ausgeborgt hat. Und das man sogar bis in die Osterzeit retten kann, wo sich alles um die Frage Schafkäse oder Schafskäse dreht.

Hat man sich in der Causa Adventkalender zum vorläufig finalen Let’s-agree-to-disagree durchgerungen, bleibt als Thema noch die Aufarbeitung der Verwandtschaftsverhältnisse. Und der jährlich wiederkehrenden Debatte, ob denn nun die Töchter der Cousinen zueinander Großcousinen oder Cousinen zweiten Grades sind. Die, ganz unabhängig von der vorjährlichen Erörterung, erneut von null an gestartet wird. Und schließlich die alljährliche Debatte mit den Besuchern nach Weihnachten, ob denn nun Fisch, Fondue oder kalte Platte das einzig wahre Weihnachtsessen ist. Da könnte man doch gleich auch hitzig darüber streiten, wer der beste James Bond ist. L’art pour l’art, oder eher Palaver pour Palaver. Und apropos, die Redewendung „den Christbaum anzünden“ bitte mit Vorsicht anzuwenden.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 14.12.2015)

Daisy Ridley: „Star Wars‘ ist einfach überall“

(c) Walt Disney

Daisy Ridley als Rey in „Star Wars“ | (c) Walt Disney

Als Daisy Ridley zur Welt kam, gab es schon drei Teile von „Star Wars“. In Episode VII, die im Dezember ins Kino kommt, hat sie nun eine Hauptrolle. Als Kind war sie gar kein großer Fan der Weltraumsaga.

Es ist nicht einfach nur ein Film. Es ist ein ganzes Universum, in das Daisy Ridley nun eintaucht. „Das Erwachen der Macht“ ist der siebte Teil der „Star Wars“-Reihe, die 1977 begonnen hat. Die Popularität der Filme spielt sich auch abseits der Kinoleinwand ab – als riesiges Merchandising-Unternehmen mit Computerspielen, Puppen und vielem weiteren Zubehör – und teilweise absolut fanatischen Fans.

Wie fühlt es sich an, Teil eines der größten Franchise-Produkte aller Zeiten zu sein?

Daisy Ridley: Es fühlt sich sehr gut an.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem „Star Wars“-Universum in Berührung gekommen?

Ich erinnere mich, dass ich als Kind im Kino war, es muss Episode III gewesen sein. Aber es ist in mein Unterbewusstsein geflossen. „Star Wars“ ist Popkultur, es ist einfach überall.

Mögen Sie die alten Episoden von 1977 bis 1983 oder jene von 1999 bis 2005 lieber?

So ziemlich jeder mag die originale Trilogie lieber. Ich glaube, das ist bei allen Dingen so, dass man die Originale lieber mag. Aber ich mochte sie beide auf ihre Weise – und ich glaube, dass die Prequels ziemlich hart angefasst wurden, was ein bisschen unfair war.

Wie kamen Sie zum Casting für den Film?

Sie haben jemanden in etwa meinem Alter und mit athletischem Aussehen gesucht. Also ging ich zur Audition. Ich hatte fünf Termine innerhalb von sieben Monaten. Zunächst war es nichts vom Skript, nur bei der letzten Audition war es eine Szene aus dem Film. Ein paar Tage später hat mich Regisseur J. J. Abrams angerufen und zugesagt.

Hat Sie das auch geschreckt?

Natürlich. Ich habe noch nie so etwas gemacht, erstens eine Hauptrolle und zweitens Dreharbeiten, die länger als drei Wochen dauern. Und ich musste drei Monate trainieren, noch bevor die Dreharbeiten begonnen haben. Ich hatte all die Gefühle, die man so hat, wenn man einen neuen Job antritt. Und dann noch bei etwas so Großem mitmachen – ich hatte keine Ahnung, wie sehr ich geliebt werde, bis ich zur ersten Convention kam.

Was haben Sie vorher über das „Star Wars“-Universum und seine Fans gewusst?

Nicht viel. Ich habe die Filme gesehen, aber ich war nie ein Megafan. Auch meine Familie nicht. Es gab da diese Sendung „Meet the Superfans“, mit Tom Felton, der in „Harry Potter“ DracoMalfoy gespielt hat. Das war interessant, denn ich habe vorher noch nie gesehen, dass sich jemand so mit Menschen beschäftigt, die so intensiv Fans von etwas sind. Aber sogar mit meinem rudimentären Wissen weiß ich: Da ist so viel da draußen. So viel Wissen, so viel Information, die Menschen finden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen Jobs haben und daneben derart große Fans von etwas sind.

Haben Sie vor den Dreharbeiten das komplette Skript bekommen?

Ja, ich habe es gelesen, als ich die Rolle bekommen habe. Aber es hat sich im Lauf des Drehs viel geändert. Und die Geschichte hat sich wirklich verändert. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber ich freue mich wirklich, den fertigen Film zu sehen.

Wie war es für Sie, an der Seite von Legenden wie Harrison Ford, Carrie Fisher, Chewbacca und anderen zu spielen.

Carrie Fisher war jünger, als ich es jetzt bin, als sie in den 1970ern Prinzessin Leia wurde. Und selbst ich habe mich in diesem ganzen Spiel wie ein Kind gefühlt. Die alte Garde hatte nicht das Gefühl, dass sie uns groß Tipps geben müssen, außer dass sie für uns da sind.

Sind Sie mit dem großen Speeder, der im Trailer zu sehen ist, selbst gefahren? Hatten Sie Unterricht?

Ja, das Ding bewegt sich wirklich – auf Rädern, die dann wegretuschiert werden. Also habe ich das Gefährt auf einem Kurs getestet. Man sitzt ziemlich hoch dort oben.

Welches Training haben Sie für den Film machen müssen?

Ich habe Krafttraining gemacht. Denn ich habe, obwohl ich athletisch aussehe, vorher noch nie trainiert.

Aber Sport haben Sie schon gemacht?

Auch nicht. Ich habe nie in meinem Leben Sport gemacht. Ich schaue aus wie eine Schwimmerin, weil ich breite Schultern habe. In meinem Lebenslauf habe ich deswegen angegeben, dass ich Schwimmer spielen kann, aber ich kann gerade einmal ein bisschen Kraulen und Brustschwimmen. In meiner Schule gab es keinen Sport, weil es viele Tänzerinnen gab – sie durften sich nicht verletzen. Also musste ich erst einmal Muskeln aufbauen. Und das ist nicht einfach, weil man viel essen muss. Ich esse gern, aber wenn man so viel essen muss, macht das keinen Spaß.

Hat sich Ihr Leben durch die Rolle in „Star Wars“ schon verändert?

Nur insofern, als ich tolle Menschen kennengelernt habe, mit unglaublich talentierten Menschen gearbeitet habe – nicht nur Schauspieler, auch Kameraleute, Soundtechniker usw. Und ich bin vor 7000 Leuten auf einer Bühne gestanden, das habe ich vorher definitiv noch nicht erlebt. Aber die Leute auf der Straße erkennen mich noch nicht. Ich kann also ganz normal Bus fahren.

Das könnte sich ändern.

Möglich. Ich habe mich darauf noch nicht vorbereitet. Vielleicht sollte ich mir einen großen Hut und Sonnenbrillen kaufen.

Haben Sie schon viele Folgeangebote für andere Filme bekommen?

Nein. Ich habe bei einem Film von Studio Ghibli in Japan eine Rolle synchronisiert. Das wollte ich unbedingt machen – und tatsächlich gab es einen, den sie noch nicht synchronisiert hatten. Das hat sich für mich wie Schicksal angefühlt. Und im Frühjahr 2016 fangen wir ja schon mit Episode VIII an. Wenn er einmal draußen ist, wollen hoffentlich mehr Leute mit mir zusammenarbeiten. Die Menschen wissen noch nicht, was ich kann. Und ich hoffe, dass ich nicht schlecht bin. Aber natürlich müssen sie vorsichtig sein.

Hatten Sie schon jemals Kontakt zu George Lucas, der das „Star Wars“-Universum geschaffen hat?

Ich habe ihn noch nicht getroffen. Aber das kommt sicher noch.

Viele Details aus dem Film werden ja noch im Dunkeln gehalten. Was dürfen Sie über Ihre Rolle, Rey, verraten?

Was ich sagen kann, ist, dass sie völlig autark auf dem Planeten Jakku lebt. Sie ist eine Plündererin. Sie trifft die andere Hauptrolle, Finn, und findet sich plötzlich mitten in einem Abenteuer wieder. Und sie macht ihren Weg.

Haben Sie schon Theorien gelesen, in denen über Ihre Rolle spekuliert wird?

Ja. Meist geht es darum, wessen Tochter ich im Film bin. Es gibt viel Spekulation über den Bösewicht Kylo Ren. Und sehr viel über Familienverhältnisse der Rollen zueinander. Ich wünschte, ich könnte das Gesicht aller Menschen sehen, wenn das im Film aufgelöst wird. Es gibt viele Spekulationen, aber der Film spielt 30 Jahre nach der „Rückkehr der Jedi-Ritter“. Also gibt es unglaublich viele Möglichkeiten. Ich hoffe, dass bis zum Schluss die Aufregung bleibt, bis man den Film sieht. Ich hoffe, das funktioniert und die Menschen werden schreien: „Neeeiiin!“

Wird es eine Überraschung geben, wie damals, als Darth Vader Luke gesagt hat, dass er sein Vater sei?

Kann gut sein. Mark Hamill, der Darsteller von Luke, sagte mir, dass George Lucas anfangs auch nicht gewusst hatte, dass Luke und Leia Geschwister waren, als sie sich geküsst hatten. Das hat er erst in den nächsten Teil geschrieben. Und viele glaubten am Ende von „Das Imperium schlägt zurück“ auch, dass das mit Darth Vader eine Lüge war.

Wissen Sie schon, was in Episode VIII passieren wird?

Vielleicht . . .

 

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 06.12.2015)

Die Unfähigkeit, zu Geld einfach Geld zu sagen

Die krampfhafte Suche nach Synonymen, um nur ja nicht Geld beim Namen nennen zu müssen.

Warum muss Geld eigentlich lieb sein? Gerade dann, wenn es in einem seufzenden Ton der Resignation genannt wird – und das wird es oft –, ist dieser Ausdruck von Zuneigung so überhaupt nicht angebracht. Aber über Geld spricht man nicht, heißt es. Und wenn schon, vermeidet man tunlichst, es bei seinem nüchternen Namen zu nennen. Dabei erinnert die Unfähigkeit, zu Geld einfach Geld zu sagen, an die peinliche Beklommenheit, mit der krampfhaft nach Synonymen gesucht wird, um nicht ein Geschlechtsteil mit seinem Namen aussprechen zu müssen. Es ist das „He, who must not be named“, mit dem in Harry Potters Welt der böse Voldemort bezeichnet wird.

Und so spricht man dann vom Zaster, abgeleitet von „sáster“, dem Wort für Eisen im Romanes. Oder bemüht das Moos, das vom Hebräischen „ma’oth“ kommt, was so viel wie Kleingeld bedeutet – und ohne das (Achtung, Phrasenschwein) nix los ist. Gern wird auch von Schotter gesprochen, der wiederum auf ein Missverständnis zurückzuführen ist – nämlich vom Kies, der in diesem Zusammenhang nichts mit Steinen zu tun hat, sondern vom Hebräischen „kis“ (Beutel) abgeleitet wurde. Dann wäre da noch der Mammon, vermutlich vom aramäischen Wort „mamona“, das für Besitz steht – und gern mit dem schönen Adjektiv „schnöde“ versehen wird, um eine verächtliche Note ins Spiel zu bringen. Nicht zu vergessen das Wort Pinkepinke, das auf „pinka“, hebräisch für Geldbeutel, zurückgehen dürfte.

Doch trotz dieser Vielfalt gibt es immer noch Menschen, denen die Worte fehlen. Sie reiben dann den Daumen an Zeige- und Mittelfingerspitzen. Und setzen dabei einen verschwörerischen Blick auf – wir wissen, was hier gespielt wird. Die Kröten sind in Wirklichkeit Mäuse, die alle Marie heißen. Aber Marie wird nur selten als lieb bezeichnet. Die Arme.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 07.12.2015)