Die Kunst, Ja zu sagen, ohne dabei Ja zu sagen

Sind wir d’accord, dass ein schnödes Ja oft zu wenig ist? In Gottes Namen, dann reden wir halt darüber.

Ein Nein fällt oft schwer, weil man das Gegenüber nicht enttäuschen, mit der Ablehnung keine schlechten Gefühle aufkommen lassen will. Darum verklausuliert man es gern. Bei der Zustimmung ist das anders. Da wirkt das schnöde Ja oft ein wenig, sagen wir, nüchtern. Und man möchte es ein bisschen aufpeppen. Darum sagt der Kellner auf die Frage, ob man noch ein Bier haben kann, eben: „Gerne.“ Darum kommt von der Kollegin, die man fragt, ob sie einen Artikel schon fertig hat, ein „Na freilich“. Und wenn beim Familienessen nach einem Nachschlag gefragt wird, ein „Natürlich“. Gerade bei der begeisterten Zustimmung à la „mit Vergnügen“ gibt es einen riesigen Schatz an Varianten, die man einem simplen Ja vorziehen kann. „Aber so was von“, „aber jede Wette“ oder „darauf kannst du einen lassen“, zum Beispiel. Die Polyglotten unter uns greifen auch gern zum „Surely“ – gelegentlich ironisch wie ein Spitzname von Georg ausgesprochen, was man allerdings mit Vorsicht genießen sollte. So wie auch „sichel“ als Variante von „sicherlich“ mittlerweile einen gewissen Bart hat.

Wer es bürokratisch und emotionslos mag, kommt mit „Das ist korrekt“ durch, wer militärische Vergangenheit hat, kennt die Doppeldeutigkeit von „Jawohl“ („Und sagen Sie nicht ständig Jawohl, das bedeutet ,Leck mich am Arsch‘!“ „Jawohl!“), „d’accord“ geht meistens und „okay“ ist sowieso überall einsetzbar. Besonders interessant sind aber vor allem die Jas, die optisch quasi mit einem Augenrollen verbunden sind – „von mir aus“, „wie du meinst“, „meinetwegen“, „ist schon recht“ oder „in Gottes Namen“, zum Beispiel. In Wirklichkeit ist es also gar keine allzu große Kunst, passende Begriffe für ein allzu banales Ja zu finden. Wobei das in manchen Situationen durchaus seine Funktion ausreichend erfüllt: „Willst du mich heiraten?“ „Passt schon . . .“

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Die Kunst, Nein zu sagen, ohne dabei Nein zu sagen

Als Österreicher hat man Übung darin, Ablehnung besonders nett zu verklausulieren.

Geradlinigkeit gehört eher nicht zum genetischen Code des Österreichischen. Eine negative Antwort wird hierzulande gerne variantenreich umschrieben. „Es geht schon“ als Antwort, wenn einem Hilfe angeboten wird, „das ist schon in Ordnung“, wenn man gefragt wird, ob einen etwas stört oder „die hab‘ ich leider schon“, wenn der Verkäufer der Obdachlosenzeitung vor einem steht. Wobei Sätze wie „es war wirklich ausgezeichnet, aber ich kann nicht mehr“ bei der Einladung zum Essen ehrlich gemeint sein können – oder aber verklausuliert ausdrücken, dass man sicher nicht noch eine Portion dieses elendigen Fraßes hinunterzuwürgen gedenke. Das Resultat bleibt dasselbe. Ein beliebter Weg, die Ablehnung positiv zu verpacken, ist ja auch „danke“. Allein, ein paar findige Herausforderer haken da noch nach – „danke, ja oder danke, nein?“ Nun, Bussibär, würde man dann gerne aufklären, es heißt entweder „ja, bitte“ oder „nein, danke“. Ein Dank der Zustimmung kommt in der Regel erst dann, wenn das zweite Tortenstück schon auf den Teller gewuchtet wurde. Vorher bedeutet es ganz einfach „wage es nicht, Elender!“ in sprachlichen Zuckerguss verpackt.

Und selbst, wenn die Zurückweisung, die Ablehnung oder die Verneinung nicht positiv verpackt wird, haben wir viele Varianten, nicht Nein sagen zu müs sen – Gott behüte, auf keinen Fall, keineswegs, bitte nicht, ach woher, ganz und gar nicht, nie und nimmer, ach woher, absolut nicht, das wär ja noch schöner . . . Und dann gibt es da noch dieses wunderschöne Wort, mit dem man dem Gegenüber Ablehnung signalisieren und es gleichzeitig ein bisschen dumm dastehen lassen kann: Papperlapapp! Will man damit das Gerede des Gesprächspartners als nutzloses Geschwätz zurückweisen, sollte man allerdings auch wirklich im Recht sein. Ansonsten gilt nämlich: Lieber nicht!

Missverständliche Abkürzungen

Wer Million mit Mill. abkürzt, darf sich auch nicht über Hühner mit Mädchennamen wundern.

Geb. Huhn steht auf der Speisekarte. Und man weiß nicht so recht, was sich hinter den drei Buchstaben verbirgt. Der „Duden“ vermutet die Abkürzung für geboren – also dass das Huhn offensichtlich schon auf die Welt gekommen, es also kein Ei mehr ist. Hilfreich wäre dann noch ein *, neben dem das Geburtsjahr steht. Als zweite Bedeutung wird geborene angeführt – also wenn das Huhn verheiratet ist, den Namen des Gatten angenommen hat, aber am Ende noch der Mädchenname steht. Das wird ja in Todesanzeigen oder auf Grabsteinen öfter gemacht, warum also nicht auch auf der Speisekarte? Dahingeschieden ist das Huhn dann ja schon.

Gegen diese Bedeutung spricht allerdings, dass „mit Salat“ wohl weder der aktuelle noch der Geburtsname des Tiers war. Vielleicht steckt aber auch die Information dahinter, dass es sich auf dem Teller um ein gebildetes Huhn gehandelt hat – Sie wissen schon, so gelehrt und klug, dass es etwa nie die Abkürzung Mill. verwenden würde, weil man dahinter sowohl Million als auch Milliarde vermuten könnte, was man gefälligst mit Mio. oder Mrd. abkürzt. In diesem Fall wüsste der Vogel auch, dass es sich beim Eintrag auf der Karte nicht um einen Befehl an den Kellner handelt – „geb Huhn, aber flott“, weil der Imperativ von geben ja gib lautet.

Möglicherweise ist mit geb. aber auch gebogen gemeint – ein versteckter Hinweis, dass der Vogel unter Zuglast dehnbar ist und ohne Last in seine ursprüngliche Form zurückkehrt? Ein Gummiadler also. Dieser wiederum ist eine scherzhafte Bezeichnung für ein Brathuhn. Nun, vielleicht ist das ja die Lösung? Einspruch, Euer Ehren – denn geb. könnte ja auch gebacken bedeuten. Geb, liebe Speisekartenautoren! (In diesem Fall kurz für „Geh bitte!“) Können wir uns darauf einigen, dass ihr statt dieser unsinnigen Abkürzung einfach Backhuhn oder Brathuhn schreibt? Vida! (Vielen Dank!)