Grammatik du bei Yoda gelernt hast

Manche Dinge, die im Film passieren, haben auch in der Realität ihren Reiz. Man denke nur an die Fähigkeit der Jedi Ritter aus den „Krieg der Sterne“-Filmen, mit einer einzigen Handbewegung Gegenstände zu bewegen oder Türen zu öffnen. Allein – in der Realität können wir uns auf einen hohen Midi-Chlorianer-Wert, der es erlaubt, mit der Macht in Kontakt zu treten, nicht wirklich verlassen. Und so braucht es eben ein bisschen Nachhilfe. Etwa in Form von automatischen Schiebetüren. Sie werden nicht glauben, wie mächtig man sich fühlt, wenn man vor dem Betreten einer Bankfiliale eine dezente Wischbewegung mit der rechten Hand macht – und sich plötzlich der Eingang wie auf Befehl öffnet. Ein bisschen nerdig, stimmt schon. Aber macht trotzdem Spaß.

Weniger Beispiel sollte man sich hingegen an der Sprache der Jedi-Ritter nehmen, zumindest nicht an der von Meister Yoda, der ein wenig dazu neigt, die einzelnen Satzbausteine wild durcheinander zu mischen. „Grammatik du bei Yoda gelernt hast“ wäre in einem solchen Fall wohl die passende Antwort eines Lehrers auf derartige Fehler bei der Deutschschularbeit. „Dunkel die andere Seite ist“, wie es der kleine Jedi-Meister gerne zu sagen pflegte, verdient wiederum eher die mütterliche Antwort: „Sei still, Yoda, und iss endlich deinen Toast.“

Manche Dinge aus dem „Star Wars“-Universum erschließen sich allerdings nur in der englischen Originalvariante. So lautet der traditionelle Abschiedsgruß der Jedi – „Möge die Macht mit dir sein.“ – dann „May the Force be with you!“ Ein Spruch, der einst von einem unbedarften Simultanübersetzer ein wenig falsch verstanden worden sein dürfte. Er schloss mit den Worten: „Am vierten Mai bei dir sein!“

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 26.07.2010)

Kann man mit dem Aufhören anfangen?

Einschlafen ist gar nicht so einfach. Wenn man etwa plötzlich im beginnenden Halbschlaf registriert, dass man auf die Schlaftablette vergessen hat, dann ist das ein ähnlicher Effekt, als würde man beim Schäfchenzählen aufwachen. Und dann ist es passiert, man liegt da und starrt mit offenen Augen in die Dunkelheit. Im Kopf rotieren all die offenen Punkte des Tages – und damit gleich die Frage, wie ein nicht ausgedehnter Ort (das ist ein Punkt in der Geometrie nämlich) überhaupt offen sein kann.

Um derartiger Schlaflosigkeit am Abend zu entgehen, böte sich an, sich einfach vorzunehmen, den ganzen Tag nichts zu erreichen. Allerdings: Schafft man das, hat man dann ja doch etwas erreicht, oder? Das wäre dann so, als müsste man sich zwei Mal halb tot lachen, um wirklich das Zeitliche zu segnen. Oder man bemüht das Rechenspiel, wenn aus einem Zug mit drei Passagieren vier aussteigen, dann müsste einer wieder einsteigen, damit keiner drin ist. Fast schämt man sich schon ob solcher Uraltkalauer – da kann man noch so schlaftrunken sein – und überlegt, ob es nicht originellere Gedanken gibt, die die Ganglien beim Versuch des Einschlafens beschäftigen könnten. Vielleicht, ob USB die Fortsetzung von USA ist? Oder die Frage, ob man auch mit Münzen Scheingeschäfte machen kann. Sieht es sehr blöd aus, wenn man sich im Handumdrehen das Bein bricht? Und kann ein kleinkarierter Mensch auf seine Linie achten? Und warum sind Karotten oranger als Orangen?

Könnte sich jetzt bitte endlich der Schlaf meiner erbarmen? Dann könnte ich endlich aufhören, mir mit solchen Blödheiten das Warten auf das Einschlafen zur Qual zu machen. Wobei, kann man mit dem Aufhören eigentlich anfangen?

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 19.07.2010)

Reich mir doch mal die Pike!

Es ist eine bösartige Angewohnheit, Menschen in Verlegenheit zu bringen – aber auch eine, die Spaß macht. Am besten funktioniert es mit ein wenig Vorwissen, mit dem man das Gegenüber ein kleines bisschen demütigen kann. Erzählt etwa ein Kollege voller Stolz, er hätte etwas von der Pike auf gelernt, braucht man nur provokant zu fragen: „Was ist eine Pike?“ Im Normalfall wird der Gefragte erröten und unsicher stammeln, dass es etwas mit der Kindheit zu tun haben müsse, vielleicht sei ja das Kindbett oder die Wiege gemeint. Mitnichten, Freund der Blasmusik! Die Pike ist eine Waffe, die im Dreißigjährigen Krieg gerne zum Einsatz gekommen ist – ein etwa fünf bis sechs Meter langer Spieß, mit dem man sich gegen  angreifende Kavallerie gestellt hat. Pikeniere waren die unterste Waffengattung, weil man für das Halten der Pike keine lange Ausbildung brauchte. Auf dem Weg zu höheren Waffengattungen musste man also das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ lernen.

Derart in Fahrt geraten kann man dem Belehrten erklären, dass „blaumachen“ aus dem Färberwesen kommt: Für die Herstellung von Indigoblau wurde einst mit Urin gearbeitet – und um den zu erhalten, betranken sich die Färber, um schließlich am nächsten Tag blauzumachen. „Halt die Klappe“ wiederum hat nichts mit dem Mund zu tun, sondern bezieht sich auf die Klappsitze im Chorgestühl einer Kirche, die bei Unachtsamkeit laut herunterfallen und so die Andacht der Mönche stören konnten.

Und da steht es nun, das Gegenüber, und fühlt sich nach all diesem gehäuften Wissen auf einmal ganz klein. Nur irgendwo im Hinterkopf wird er sich vermutlich fragen, wie sich eigentlich das Wort „Klugscheißer“ etymologisch herleiten lässt.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 12.07.2010)

Heavy Metal, Herr Fäymann!

„Popkulturelles Gesülze“ nennt es der Kollege, wenn ich über Phänomene aus der Welt von Musik, Film und anderen Ecken der Populärkultur referiere. Dabei gäbe es doch so viele Dinge aus der wunderbaren Welt der Unterhaltungsindustrie, die auch in anderen Bereichen sinnvoll eingesetzt werden könnten. Nehmen wir zum Beispiel den Heavy-Metal-Umlaut. Hinter diesem Begriff verbergen sich die englischen „röck döts“ – Umlaute und andere diakritische Zeichen, die den (englischsprachigen) Bandnamen ein fremdartiges Erscheinungsbild geben sollen. Berühmt wurde der Umlaut in der Rockmusik durch die Band „Blue Öyster Cult“, die als Erste das Potenzial des Umlauts erkannte. Es folgten Gruppen wie „Motörhead“ oder „Mötley Crüe“, die mit den für die englischsprachige Welt exotischen Zeichen spielten.

Das Kalkül dahinter ist klar: eine geheimnisvolle Aura um eigentlich ganz banale Namen und Dinge zaubern. Allerdings muss man beachten, dass das auch danebengehen kann – beim früheren US-Vizepräsidenten Al Göre zum Beispiel. Zumindest im deutschsprachigen Raum würde man dann mit ihm weniger einen Politiker und Nobelpreisträger verbinden als eher ein freches Mädchen. Umgekehrt ist der österreichische Vizekanzler mit seinem ö gut bedient – schließlich würde Proll selbst in der wohlmeinenden sozialdemokratischen Diktion heute eher negativ aufgefasst. Von Exkanzler Wolfgang Schussel gar nicht zu reden. Bei anderen Personen des öffentlichen Lebens wäre es dagegen völlig unbedenklich, mit einem Heavy-Metal-Umlaut ein bisschen Pep in den Namen und das Erscheinungsbild zu bringen. Fäymann, Bändion-Örtner und Löpatka – das rockt! In diesem Sinn: Nö Sleep ‚Til Steuererhöhung!

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 05.07.2010)