In der Halle des Bananenkönigs

Die Banane ist die Königin unter den Öbsten. Dieser Satz ist zwar grammatikalisch falsch, weil Obst so wie Milch ohnehin ein Pluralwort ist, doch die Aussage an sich ist korrekt – und das nicht nur, weil die Banane beim Abwiegen im Supermarkt immer die Nummer eins hat. (Warum ist das eigentlich so?) Vielmehr hebt sich die Banane schon in ihrer Form angenehm von all den runden Vitaminbomben ab, die bösartigerweise unter den Küchentisch rollen, wenn sie zu Boden fallen. In der Kindheit bot die Banane einen veritablen Revolverersatz beim Cowboyspielen, auch Telefonhörer ließen sich beim kindlichen Spiel damit simulieren. Dass sie gelegentlich auch für mäßig humorige Männerwitze herhalten muss, ist der einzige Wermutstropfen der an sich eher trockenen Südfrucht.

Interessant ist auch der Name – Scherzbolde vermuten dahinter die chemischen Elemente Barium, Natrium und Neon. Ernst zu nehmender sind die etymologischen Ansätze, die den Ursprung der Banane in einer westafrikanischen Sprache sehen. Von dort aus gelangten Frucht und Name über Araber und Portugiesen vermutlich nach Europa. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch spricht man übrigens von der „musa sapientium“, wenn von der Essbanane die Rede ist.

Warum diese plötzliche und unerwartete Begeisterung für Bananen? Schuld daran ist ein kleines Filmchen auf YouTube namens „Charlie the Unicorn“. Hauptdarsteller ist ein mürrisches Einhorn, das in einer Folge zum Banana-King geleitet wird. Und an dessen Hof wird ihm von einem gurkenähnlichen Wesen ein Lied vorgeträllert, das die Lösung aller Probleme verspricht: „Put a banana in your ear!“ Die Argumentation darin ist absolut schlüssig: „The bad in the world is hard to hear, when in your ear a banana cheers.“ In diesem Sinne: Wundern Sie sich also nicht, falls ich in nächster Zeit am Telefon nicht abhebe . . .

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 29.08.2011)

www.filmcow.com

Charlie the Unicorn

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Irgendwas kann jeder

Aber reicht es auch bei jedem für einen Weltrekord? Die Rubrik „Bitte nachmachen“ im Guinness-Buch der Rekorde lädt ja förmlich dazu ein.

Eigentlich kann ich ihn schon gar nicht mehr hören, den Warhol’schen Spruch der „15 Minutes of Fame“. Doch für manches Phänomen bietet er sich trotz inflationärer Verwendung immer noch an. Dann etwa, wenn ein weiterer Weltrekord gebrochen wird – einer jener Rekorde, die keiner braucht. Oder hat es einen Sinn, mit einem Billardstock auf dem Kinn eine Distanz von 400 Metern zurückzulegen? Bringt es uns wirklich weiter, 20 Eier gleichzeitig in einer Hand zu halten? Oder hat es eine wie auch immer geartete Relevanz für unser Leben, wenn wir innerhalb einer Minute drei Bananen schälen und hinunterwürgen können? Obwohl, das mit den Bananen klingt ja eigentlich gar nicht so schwierig. Und so ein Weltrekord im Lebenslauf …

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Bananen essen

Die erste Erkenntnis bei einem solchen Rekordversuch ist vor allem ein Gefühl der Erniedrigung. Schon das Essen einer einzelnen Banane reicht, um auf Schnappschüssen eine wenig elegante Figur zu machen, doch gleich drei – und unter Zeitdruck – dienen vor allem dem Gaudium des Publikums. Das mag mit ein Grund sein, warum erniedrigende Rekordjagden gerne im TV gezeigt werden. Gut, vielleicht spornt das ja an. Denn mein Versuch, ganz ohne Zuschauer, endete erst nach 2:15 Minuten. Für den Weltrekord eindeutig zu wenig.

Bevor jetzt Sprüche à la „den Mund zu voll genommen“ auftauchen, gehen wir gleich zum nächsten Rekordversuch. 246 ist die magische Zahl, die es als Nächstes zu schlagen gilt. So viele Strohhalme steckte sich ein gewisser Marco Hort beim Weltrekordtag 2006 in Wien in den Mund.

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Strohhalme

Das kann ich doch auch! Fast zumindest, denn im Selbstversuch war schon bei 56 Stück Schluss. Unbeantwortet blieb auch die Frage, wie der Rekordhalter es schaffte, auf den offiziellen Fotos so gepflegt auszusehen. Denn, man glaubt es kaum, der Speichel nützt jede Gelegenheit, in Freiheit zu gelangen, und bahnt sich den Weg an den Strohhalmen vorbei, ehe er vom Kinn seinen sabbernden Weg zum Boden antritt.

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Handyweitwurf

Dann doch lieber noch etwas Seriöses zum Abschluss. Handyweitwurf zum Beispiel. Der Finne Ville Piippo hält in dieser Disziplin mit 82,55 Metern den Rekord. Also das alte Alcatel aus dem Kasten gefischt und ab in den Stadtpark. Nach Abwägen der Windrichtung – und Abwarten, bis die Entenfamilie die Landebahn verlassen hat – folgt ein gezielter, kraftvoller Wurf. Das greise Mobiltelefon hebt ab, dreht sich in Zeitlupe um die eigene Achse, überwindet die Gravitation – und fällt wie ein nasser Sack in die Wiese. 26 Meter. Sieht fast so aus, als würde ich meine „15 Minutes of Fame“ nur dafür bekommen, am öftesten an einem Weltrekordversuch gescheitert zu sein.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 22.03.2009)