Irgendwas kann jeder

Aber reicht es auch bei jedem für einen Weltrekord? Die Rubrik „Bitte nachmachen“ im Guinness-Buch der Rekorde lädt ja förmlich dazu ein.

Eigentlich kann ich ihn schon gar nicht mehr hören, den Warhol’schen Spruch der „15 Minutes of Fame“. Doch für manches Phänomen bietet er sich trotz inflationärer Verwendung immer noch an. Dann etwa, wenn ein weiterer Weltrekord gebrochen wird – einer jener Rekorde, die keiner braucht. Oder hat es einen Sinn, mit einem Billardstock auf dem Kinn eine Distanz von 400 Metern zurückzulegen? Bringt es uns wirklich weiter, 20 Eier gleichzeitig in einer Hand zu halten? Oder hat es eine wie auch immer geartete Relevanz für unser Leben, wenn wir innerhalb einer Minute drei Bananen schälen und hinunterwürgen können? Obwohl, das mit den Bananen klingt ja eigentlich gar nicht so schwierig. Und so ein Weltrekord im Lebenslauf …

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Bananen essen

Die erste Erkenntnis bei einem solchen Rekordversuch ist vor allem ein Gefühl der Erniedrigung. Schon das Essen einer einzelnen Banane reicht, um auf Schnappschüssen eine wenig elegante Figur zu machen, doch gleich drei – und unter Zeitdruck – dienen vor allem dem Gaudium des Publikums. Das mag mit ein Grund sein, warum erniedrigende Rekordjagden gerne im TV gezeigt werden. Gut, vielleicht spornt das ja an. Denn mein Versuch, ganz ohne Zuschauer, endete erst nach 2:15 Minuten. Für den Weltrekord eindeutig zu wenig.

Bevor jetzt Sprüche à la „den Mund zu voll genommen“ auftauchen, gehen wir gleich zum nächsten Rekordversuch. 246 ist die magische Zahl, die es als Nächstes zu schlagen gilt. So viele Strohhalme steckte sich ein gewisser Marco Hort beim Weltrekordtag 2006 in Wien in den Mund.

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Strohhalme

Das kann ich doch auch! Fast zumindest, denn im Selbstversuch war schon bei 56 Stück Schluss. Unbeantwortet blieb auch die Frage, wie der Rekordhalter es schaffte, auf den offiziellen Fotos so gepflegt auszusehen. Denn, man glaubt es kaum, der Speichel nützt jede Gelegenheit, in Freiheit zu gelangen, und bahnt sich den Weg an den Strohhalmen vorbei, ehe er vom Kinn seinen sabbernden Weg zum Boden antritt.

(c) Clemens Fabry (Die Presse)

Rekordversuch: Handyweitwurf

Dann doch lieber noch etwas Seriöses zum Abschluss. Handyweitwurf zum Beispiel. Der Finne Ville Piippo hält in dieser Disziplin mit 82,55 Metern den Rekord. Also das alte Alcatel aus dem Kasten gefischt und ab in den Stadtpark. Nach Abwägen der Windrichtung – und Abwarten, bis die Entenfamilie die Landebahn verlassen hat – folgt ein gezielter, kraftvoller Wurf. Das greise Mobiltelefon hebt ab, dreht sich in Zeitlupe um die eigene Achse, überwindet die Gravitation – und fällt wie ein nasser Sack in die Wiese. 26 Meter. Sieht fast so aus, als würde ich meine „15 Minutes of Fame“ nur dafür bekommen, am öftesten an einem Weltrekordversuch gescheitert zu sein.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 22.03.2009)