Lässt sich durch die Leugnung der Realität etwas ändern? Indem man etwa den Winter aus den Gedanken streicht und sonnenbaden auf die Copa Cagrana geht? Nun, es ist hart.
Durch das konsequente Leugnen der Kälte lässt sich der Winter vertreiben. Na turwissenschaftlich eher nicht haltbar, und doch ist Leugnen ein verbreitetes Muster der menschlichen Psyche. Man denke an Kinder, die sich die Hand vor die Augen halten, um nicht gesehen zu werden. Oder an durchaus erwachsene Vertreter der Spezies, die bei einer drohenden Aussprache die Hände an die Ohren legen und laut „la la la“ singend davonrennen. Irgendetwas muss wohl dran sein an dieser Taktik, sonst würde man ihr nicht so oft begegnen.
Also sehen wir uns einmal an, ob der aktuelle Wintereinbruch sich einfach wegsonnenbaden lässt. Badetuch, Sonnenhut und Sandalen eingepackt – und ab zur Copa Cagrana. Hier, wo sich im Sommer Handtuch an Handtuch reiht, belegt mit sonnengegerbten Körpern, herrscht heute verhältnismäßig wenig Andrang. Eine einsame Spaziergängerin stapft mit ihrem Hund durch den Schnee. Gut, dass das Wegleugnen des Winters eine Massenveranstaltung sein wird, habe ich ohnehin nicht wirklich angenommen. Immerhin, so kann ich mir wenigstens einen schönen Platz aussuchen.
Eistee im Eis. Das Ausbreiten des Badetuchs ist die erste Herausforderung – es versinkt geradezu im Neuschnee. So wie auch die Flasche Eistee, von der nur mehr die bunte Verschlusskappe zu sehen ist. Wirklich hart wird es allerdings erst beim Wechsel zur Sommeradjustierung: Ein paar Sekunden mit dem T-Shirt in der Kälte kennt man, sei es vom Mistkübelausleeren im Hof oder vom Staubtuchausschütteln auf dem Balkon. Doch spätestens in der zweiten Minute beginnen sich die feuchten minus 0,5 Grad in den Körper zu fressen. Ähnlich fühlt es sich an, wenn die Füße aus den Winterstiefeln in die kühle Umgebungsluft freigesetzt werden. Ja, vermutlich hat meine Mutter recht, wenn sie mir auch heute noch immer in Erinnerung ruft, dass ich mich im Winter warm anziehen soll. Aber egal, ich habe schließlich eine Mission.
Hinlegen, eincremen (falls die Sonne doch durchkommen sollte) und ein bisschen in einem Reiseführer blättern. Ja, das hat was. Auch wenn sich wirkliche Entspannung nicht so recht einstellen will. Nein, Zukunft hat das keine. Vielleicht, um wieder zu den mütterlichen Tipps zu kommen, hilft ja Bewegung gegen die Kälte. Aufstehen, ein paar Schritte laufen, ein kleines Tänzchen . . . wenn nur der Schnee in den Badesandalen nicht so stechen würde. Fast 20 Minuten später sehe ich ein, dass das Wegleugnen der Kälte wohl nicht funktionieren wird. Also Abbruch. Und in den nächsten Tagen überlegen, wie man eigentlich eine Erkältung am effektivsten wegleugnet. Wo ich mir diesen Schnupfen wohl eingefangen habe? Naja, wird wahrscheinlich gerade ein Virus umgehen.
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Das Schöne am Sonnenbaden an der Copa Cagrana im Winter: Man hat weitgehend seine Ruhe. Wo sind denn eigentlich alle anderen?
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Das Ausbreiten des Badetuchs ist die erste Herausforderung – es versinkt geradezu im Neuschnee.
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Das lernt man schon beim Gletscherskifahren: Schnee reflektiert das Sonnenlicht, daher ist die Gefahr von Sonnen brand sehr groß. Also: einschmieren!
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Ja, vermutlich hat meine Mutter recht, wenn sie mir auch heute noch immer in Erinnerung ruft, dass ich mich im Winter warm anziehen soll.
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Ballermann, wer braucht das? Tanzen am Strand kann man in Wien genauso. Statt des Kübels Sangria böte sich allerdings eher ein Bottich Glühwein an.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.01.2010)