Dinge, die es 2014 lieber nicht mehr geben sollte

Es gibt das Klischee der tumben Schönheitskönigin und der Frage, was sie sich denn am sehnlichsten wünscht. „Den Weltfrieden“ lautet dann laut Hollywood-Drehbuch die Antwort. Dass ein solcher Wunsch ein wenig hoch gegriffen ist, lässt sich mit ein wenig Lebenserfahrung recht schnell erahnen. Also bleiben wir lieber auf dem Boden und wünschen uns ein paar Dinge für das kommende Jahr, die etwas leichter zu erfüllen sind.

Beginnen wir damit, dass die Bäckereiketten darauf verzichten, für jedes kleine Weckerl eine Rechnung auszustellen. Liebe Ankers, Ströcks und sonstige: Wer morgens auf dem Weg zur U-Bahn sein Frühstücksweckerl samt Kakao besorgt, wird diesen Einkauf nicht unbedingt in der persönlichen Buchhaltung vermerken, der papierene Beleg wandert also in 99,9 Prozent der Fälle ungelesen in den Papierkorb. Wie wäre es also mit einem Opt-in-Verfahren, wonach Rechnungen nur gedruckt werden, wenn der Kunde explizit nach einer verlangt?

Wünschen wir uns weiters, dass die Wiener Linien damit aufhören, auf den elektronischen Anzeigetafeln ihre Kunden zu verarschen. Es ist schon klar, dass es sich bei der Prognose, in wie vielen Minuten die Straßenbahn oder der Bus kommt, eben um eine Prognose handelt. Und dass der Fahrplan „dank“ Technik, Wetter, Falschparker manchmal durcheinandergewirbelt werden kann. Doch bei einer langen Verzögerung auf die Anzeigetafeln „Fahrplanaushang bitte beachten“ zu schreiben, ist gleichbedeutend mit „Schmecks“. Warum soll der papierene Aushang bei gestörtem Fahrbetrieb besser Bescheid wissen als die automatisierte Anzeige?

Und schließlich noch ein kleiner Wunsch auf sprachlicher Ebene, dass nämlich das Durchkoppeln mit Bindestrichen nicht so verächtlich betrachtet wird. Eine Miss-Wahl ist doch viel verständlicher als eine Misswahl, oder? Bei Zweiterer könnte es sich ja auch um eine schlechte Wahl handeln. Und genau die wollen wir schließlich vermeiden. Dafür lassen wir auch bei der Miss-Ernte mit uns reden. Schönen Jahreswechsel!

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 30.12.2013)

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George Clooney und Kate Moss trinken meinen Kakao

Traumdeutung mag ihre Berechtigung haben. Vermutlich lassen sich aus Träumen tatsächlich heimliche Wünsche oder Bedürfnisse herauslesen, die man sich im Wachzustand nie eingestehen würde. Und gelegentlich kann man tatsächlich ein Erlebnis, eine Angst oder eine schlechte Schlafposition dem Erträumten zuordnen. Doch manch nächtliches Drehbuch hinterlässt den Aufgewachten am Ende in einem Zustand völliger Konfusion.

Zuletzt etwa bei folgender Situation: Ich nehme in der U-Bahn Platz – und erblicke mir gegenüber Kate Moss und George Clooney. Nicht, dass die beiden in meinem Leben irgendeine Bedeutung hätten, aber herzlich willkommen in meinem Traum! Die beiden begrüßen mich wie einen alten Bekannten, und dann, dann hebt George Clooney mit spitzen Fingern eine Espressotasse in die Höhe. (Gut, wie ich auf diese Idee komme, hat eine gewisse Logik.) Ich dagegen registriere in diesem Moment, dass ich eine bereits geöffnete Packung Kakao in der Hand halte. (Auch das lässt sich aus der Realität ableiten.) Doch was dann geschieht, verwirrt mich dann doch. Denn bereitwillig tausche ich mein Göttergetränk gegen Clooneys schwarze  Koffeein bombe und beobachte, wie das Model und der Kaffeeschnüffler sich über mein Lieblingsgetränk hermachen. Spätestens an diesem Punkt stoße ich an meine assoziativen Grenzen. Versteckt sich in meinem Unterbewusstsein eine libidinöse Zuneigung zu ehemaligen Topmodels? Oder trage ich Verlustängste in Hinblick auf grau melierte Schauspieler in mir?

Letztlich würde ich mir trotz allem wünschen, dass dieser Traum Realität wird. Schließlich ist man außerhalb der Traumwelt nicht nur Passagier seiner Gedanken, sondern kann das Geschehen aktiv steuern. Die Konsequenz wäre dann ein böser Blick, ein Anspannen der Muskel um mein Getränk und der Satz: „Sicher nicht, Clooney, kauf dir deinen eigenen Kakao!“

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 28.11.2011)

George Clooney mag keinen Kaffee

„Es geht mir wirklich schon auf die Nerven“, sagte George, als wir mit einer Dose Ottakringer in der Hand am Würstelstand lehnten, „seit diesem Werbespot habe ich nirgendwo mehr meine Ruhe.“ Wo immer er auch hinkomme, überall würden die Gastgeber sofort die Espressomaschine in der Küche anwerfen. „Dabei mag ich gar keinen Kaffee“, sagte er mit hörbarem Seufzen und nahm einen tiefen Schluck aus der Bierdose. All die anderen Dinge machen ihm ja nichts, behauptet er zumindest. Dass an sich vernünftige Frauen bei seinem Anblick wie Kinder infantil in die Hände zu klatschen beginnen, daran gewöhnt man sich. Dass Bilder von ihm auf Küchenwänden und Klotüren hängen, was soll’s. Aber irgendwo hat auch die Geduld eines Weltstars Grenzen.

„Wenn sie mir wenigstens einen türkischen Kaffee machen würden“, setzte er nach, „das hat noch Stil.“ Auch den Kaffee, den er bei seinen Besuchen in Darfur bekam, schätzte er sehr. Da konnte man noch die Bohnen spüren und nicht nur eine bunte Packung aus Aluminium durch die Finger gleiten lassen.

Während er die leere Dose in der linken Hand zerknitterte, orderte er bei Goran Nachschub: „Zwei Sechzehnerhülsen“, rief er und grinste über den einzigen deutschen Satz, der ihm fast akzentfrei über die Lippen ging. Als er den Verschluss einer Dose öffnete, ging sein Grinsen langsam in einen ernsten Gesichtsausdruck über: „Und dann machen sie auch noch ein Casting, wer mit mir Kaffee trinken darf.“ Introvertiertes Kopfschütteln, ein tiefer Schluck aus der Dose. „Erich“, sagte er und drehte sich mit ernster Miene in meine Richtung, „eigentlich . . .“, er stockte, „eigentlich trinke ich zum Frühstück am liebsten Kakao.“ Verständnisvoll legte ich meine Hand auf seine Schulter. „Kakao“, sagte ich, „was sonst.“

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 09.06.2008)

Rettet den Kakao vor dem Kaffee

Gemeinhin haftet dem Kakao der Nimbus an, ein Getränk für Kinder zu sein. Zwar hat sich die Akzeptanz in den vergangenen Jahren gebessert und in Delikatessengeschäften finden sich auch schon Kakaospezialitäten jenseits von Benco & Co. Doch im Alltag ist immer noch die Rede davon, gemeinsam auf einen Kaffee zu gehen. Umgekehrt würde wohl niemand den Vorschlag machen: „Hallo, darf ich dich auf einen Kakao einladen?“ Schade, eigentlich. Das hätte auf jeden Fall mehr Pepp. Oder glauben Sie im Ernst, dass man im Zeitalter der Nespresso-Monokultur noch irgendjemanden mit Kaffee beeindrucken kann? Beim Zubereiten von Kakao ließe sich dagegen durchaus noch ein bisschen Individualität beweisen, die bei den Kaffeetrinkern von heute ja nur noch in der passenden Farbe der Espressokapsel nach außen präsentiert wird. Gratuliere.

Mit Kakao lassen sich übrigens vor allem Kollegen, die westlich von St. Pölten sozialisiert wurden, leicht auf die Kakaopalme (naja) treiben. Dann nämlich, wenn das Getränk als „Gaugau“ ausgesprochen wird. Man glaubt gar nicht, wie gereizt Oberösterreicher, Salzburger & Co auf die weiche Aussprache reagieren. Dabei passt sie genau zur cremigen Konsistenz, die richtig zubereiteter Kakao eben einmal hat. Aber selbst Kakao aus dem Automaten lernt man zu schätzen, nachdem das Aufkochen der Milch in der Arbeit doch etwas aufwendig wäre. Fällt jener Automat allerdings der zunehmenden Nespressierung der Welt zum Opfer, fühlt man sich ein wenig durch den Kakao gezogen.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 18.12.2007)