Männer, die ihr Sakko über die Schultern hängen
11. Januar 2016 Hinterlasse einen Kommentar
Das majestätische Gefühl eines Umhangs stellt sich nicht ein, wenn die Ärmel hilflos herumbaumeln.
„I would do anything for love (but I won’t do that)“, sang Meat Loaf. Aber halten wir uns nicht mit dem schwülstigen ersten Teil auf, sondern lenken unsere Aufmerksamkeit gleich auf die Worte in der Klammer. Diese sollten nämlich viel öfter beachtet werden. Nein, das mache ich einfach nicht. Unmoralische Angebote annehmen, zum Beispiel. Oder sich zum Gaudium anderer zum Trottel machen. Es braucht manchmal Mut, Nein zu sagen. Und natürlich ist es hilfreich, ein Gerüst an Grundwerten aufgebaut zu haben, auf dessen Basis man ein Nein guten Gewissens stellen kann. Womit wir bei einem weiteren wichtigen Begriff landen, nämlich der Haltung. Sie leidet nämlich gewaltig, wenn Männer ihr Sakko über die Schultern hängen. Und nein, damit ist nicht die politisch inszenierte Form von Dynamik gemeint, wenn jemand den Zeigefinger in die Schlaufe steckt und das Jackett auf einer Seite des Rückens herabsinken lässt. Gemeint ist jene Körperhaltung, bei der das Sakko über beiden Schultern hängt, die Arme jedoch nicht in den Ärmeln stecken, sondern vorn herauslugen. „I won’t do that (at least I shouldn’t)“, könnte das dazugehörige Lied auf dem neuen Meat-Loaf-Album heißen. (Meat Loaf kennt man heute schon noch, oder?)
Zugegeben, im Winter taucht diese modische Extravaganz nur selten auf. Aber der nächste Sommer kommt bestimmt, und dann soll kein Mann sagen, dass er nicht gewarnt wurde. Davor, dass die Proportionen dann nicht passen, die losen Ärmel hilflos herumbaumeln und sich das majestätische Gefühl eines Umhangs bei sämtlichen Beobachtern nicht und nicht einstellen will. Doch damit genug der Stilkunde aus dem Munde eines modischen Blindgängers, der schon selbst seine „I won’t do that“-Momente gehabt haben sollte. Aber wer noch nie ein Meat-Loaf-T-Shirt über einem hellblauen Sweater getragen hat, der werfe den ersten Stein . . .