Lieber Liebe als Kürbisse

Ich hasse Kürbisse. (Richtig, das ist Teil unseres Dirty Campaigning gegen Hokkaido, Türken-Turban, Bischofsmütze & Co). Ja ja, ein oder zwei Mal Kürbiscremesuppe oder Öl über den Salat, das ist schon ok. Aber alles, was darüber hinausgeht, ist der reinste Overkill. Mit Schaudern denke ich schon an die tausenden und abertausenden Zierkürbisse, die mir in den nächsten Wochen aus jedem Vorgarten und von Fensterbrettern entgegengrinsen. An zur Schau gestellter Spießbürgerlichkeit lassen sich diese gelben und orangen Monster ja nur mehr von Gartenzwergen übertreffen. Wer, bitte schön, konnte zulassen, dass sich diese herbstliche Plage derart über das gesamte Land verbreitet?

Denn abgesehen davon ist der beginnende Herbst ja etwas Schönes. Nach dem Sommer mit Party, Strand und vielen oberflächlichen Bekanntschaften hält das Gefühlsleben langsam wieder Einzug. Die Bereitschaft, sich zu verlieben, steigt ja bekanntlich indirekt proportional zu den Außentemperaturen. Und beim Konzert der britischen Softpopper „The Feeling“ heute Abend (20 Uhr) im Flex, ließen sich die in den letzten Wochen auf Minimalbetrieb geschalteten Gefühle wieder einmal gut reanimieren. Als weitere Starthilfe sollte Jane Birkins „Harvest Moon“ in den MP3-Player wandern und die „Element of Crime“-Kollektion wieder entstaubt werden. Und dann steht einem Frühherbstabend zu zweit vor dem Fernseher, eingewickelt in eine dünne Wolldecke, nichts mehr im Wege. Wer braucht da noch einen Kürbis?

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 18.09.2006)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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