Wenn der Neger zweimal klingelt
5. Januar 2009 Hinterlasse einen Kommentar
Das Phänomen der verschlossenen Tür, hinter der ein Bewohner krampfhaft versucht, Abwesenheit zu suggerieren – den starren Blick durch den Türspion gerichtet -, ist dieser Tage besonders heftig verbreitet. Immerhin spart man sich damit ein paar Euro – und zwei Minuten unbehaglichen Angesungenwerdens. Dass die Tür trotz mehrmaligen Klingelns nicht geöffnet wird, weil einer der davor stehenden Sternsinger schwarze Haut hat, kann man hingegen vermutlich ausschließen. Schließlich ist es meist jenes Schwarz, das man – schuhcremeartig auf das Gesicht eines Weißen aufgetragen – von Schminksets kennt, auf denen ein schwarz gelockter Afrikaner mit dicken roten Lippen und Kreolen abgebildet ist. (Ja, das „Schminkset Neger“ um 3,20 € gibt es tatsächlich noch: http://www.faschingsfactory.com/schminkset+neger.html.)
Im Volksglauben der „Heiligen Drei Könige“ wird Jahr für Jahr das Bild des Schwarzen als liebes kleines Negerlein transportiert, wie es in bestem Deutsch „Unter einem guten Stern“ trällert. Aber Gott behüte, ein Schwarzer würde wirklich König. Oder Präsident der USA – schließlich seien „die Schwarzen in ihrer politisch-zivilisatorischen Entwicklung noch nicht so weit“, wie ORF-Mann Klaus Emmerich aussprach, was in den Köpfen vieler noch heute seine Runden macht.
Ein latenter Rassismus, der aber bei Weitem nicht auf Schwarze beschränkt ist. Oder glauben Sie, dass es ein Zufall war, dass die „Kronen Zeitung“ lieber die Neujahrszwillinge Anna und Samara aus Oberwart auf die Titelseite hievte als das echte Neujahrsbaby? – Seine Eltern sind türkischstämmig, sein Name ist Hasan. Des Volkes Stimme ist entsetzt.
Übrigens, weil wir gerade beim verklärten Volksglauben sind: Der heilige Nikolaus war Türke.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 05.01.2009)