Eventhopping am Nationalfeiertag

Was wären wir ohne Handy. Verbindlich ausgemachte Treffpunkte gibt es längst nur mehr für Festnetztelefonierer. Wie altmodisch! Gerade der Nationalfeiertag ist prädestiniert für mobil unterstütztes Eventhopping. Zuerst die Militärparade (14.30 – 15.40) am Ring. Zwischen 195 Panzern, 445 Fahrzeugen und 95 Tieren – noch dazu in Tarnfarben – koordiniert man sich erst einmal mit den Freunden. „Dritter Panzer von hinten, wo seid Ihr?“ Genug davon? Gut, ein Teil der Gruppe macht einen Ortswechsel. Zu time4wine vor dem Riesenrad, wo an zehn Stationen österreichische Weine verkostet werden können (11 – 18 Uhr). Schnell vom Zweigelt nippen und am Veltliner schnuppern.

Der Rest der Gruppe marschiert ins Gasthaus Carioca (Wasnerg. 17, 1020 Wien). Um 19.30 steht dort „Figl in Gresten – Die Mostviertler Nationaloper“ auf dem Programm. Einige andere ziehen weiter in die Sargfabrik (1140 Wien, Goldschlagstraße 169). Unter dem Titel „Die andere Hymne“ werden dort inoffizielle Minderheitenhymnen (Slowenen, Roma, Homosexuelle, Behinderte etc.) präsentiert. Per SMS wird der Rest des Abends geplant: Treffpunkt 21 Uhr im Chelsea zum Konzert von Cameran. Dort steht man plötzlich alleine da. Schnell ein paar Anrufe bei den Freunden. Die sind schon müde, sagen sie. Erschöpft vom Herumgehen. Mit einem sanften Druck auf die rote Taste wird die Verbindung getrennt. Jetzt wäre ein Festnetztelefon doch schön. Dann hätte man den Hörer voller Wut so richtig auf die Gabel knallen können.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 25.10.2005)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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