Mehr Sex durch Rauchverbot

Wir brauchen Nachwuchs. Für Vaterland und Wirtschaftswachstum. Gut, aber wie kommen wir dazu? Nun, da gibt es eine simple Strategie: Rauchverbot in Lokalen. Wer in jüngster Zeit in Irland, Schweden oder Italien war, hat das Phänomen miterlebt: Vor Lokalen und Bars stehen Menschentrauben und betreiben mit der Zigarette in der Hand Socializing. Stoff für ein Gespräch ist schnell gefunden, dazu kommt der Solidarisierungseffekt unter den Rauchern. Sie glauben gar nicht, wie einfach kennen lernen auf diese Weise funktioniert. In Wien geht das noch nicht. Zu beobachten etwa beim London Calling im Flex (23 Uhr) oder dem Konzert von Jonas Goldbaum im Chelsea (21.30 Uhr). Hier muss in verrauchten Räumen mühsam nach Gesprächsthemen gesucht oder ein entwürdigender Balztanz aufgeführt werden.

Wir brauchen also schwedische Verhältnisse, um für mehr Kommunikation und in weiterer Folge mehr Nachwuchs zu sorgen. Und bald könnte es tatsächlich so weit kommen, schließlich stehen Nationalratswahlen an. Und die erste publicity-trächtige Aktion des nächsten Gesundheitsministers kann ja wohl nur die Durchsetzung des Rauchverbots in Lokalen sein. Wetten? Allerdings muss bei einer solchen Aktion auch auf die Opfer geschaut werden. Denn während vor der Tür die Massen eben noch fremder Menschen in bester Laune Konversation führen, stochert drinnen eine andere Klientel einsam und gelangweilt mit dem Strohhalm im Longdrink. Aber sollte ich deswegen wieder zum Rauchen anfangen?

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 03.05.2006

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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