Raucher sind arme Schweine
25. November 2006 Hinterlasse einen Kommentar
Raucher sind arme Schweine, denn sie sind vom Aussterben bedroht. Schuld daran sind weniger jene, die ob ihrer rußgeschwärzten Bronchien plötzlich unvermittelt umkippen. Nein, die Verantwortung dafür tragen andere, nämlich jene, die hemmungslos gegen die rauchenden Ratenselbstmörder zu Felde ziehen. Da wären zum einen die Amerikaner: „Brandon, ich bin enttäuscht von dir“, hört man etwa von entsetzten Eltern in rührseligen Nachmittags-Sitcoms, wenn der Teenie-Sohn am Dachboden mit seiner ersten Zigarette erwischt wurde. Da wären zum anderen profilierungssüchtige Gesundheitspolitiker, die mit Verboten dem Aussterben einer ganzen Gattung Vorschub leisten. Und dann wären da auch noch Greenpeace, WWF und sonstige Organisationen, die sonst jedesmal wild zu toben beginnen, wenn irgendwo im hintersten Tadschikistan die Population einer Nebenart der syrischen Wüstenspringmaus unter zweihundert Exemplare fällt. Hallo, die Raucher sind tatsächlich in ihrer Existenz bedroht, wo bleibt Euer Aufschrei?
Wohin das führen kann, haben wir ja schon bei den Atomtests gesehen. Als die Spezies am Mururoa Atoll in den letzten Todeszuckungen lag, blieb der Protest aus. Tatsächlich konnte seit 1998 kein einziger Atomtest mehr von den Kameras internationaler Fernsehteams eingefangen werden, lediglich ein engagierter Nordkoreaner sorgte für ein kurzes Aufblitzen. Wollen wir, dass es den Rauchern ebenso ergeht? Denn, auch wenn sie nerven, sie würden uns ja doch abgehen.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 25.11.2006)