Die Verdauung der Engel
20. Dezember 2006 Hinterlasse einen Kommentar
Irgendjemand in Linz muss Humor haben. Nicht anders ist zu erklären, warum sich ein Weihnachtsengel auf der Landstraße ganz entspannt eines leuchtenden Kügelchens entledigt. Könnte natürlich ein Zufall sein. Oder einfach Unvermögen. So wie auch meine selbst fabrizierte Weihnachtsbäckerei eher in die Hose ging: Die finnischen Weihnachtssterne mit Pflaumenmarmelade haben frappante Ähnlichkeiten mit einem Mutterkreuz und die Most-Kekse und Vanillekipferl nach Rezepten aus „Prato. Die gute alte Küche“ (Pichler Verlag) entpuppen sich als hart wie Krupp-Stahl. Dass die Weihnachtskekse damit unfreiwillige Boten einer ideologischen Neuausrichtung von Weihnachten hin zum Julfest sein könnten, will ich mir dann aber lieber doch nicht nachsagen lassen.
Genauso wenig lasse ich mir nachsagen, dass ich etwas gegen Weihnachten habe – jetzt, wo schließlich jeder darüber raunzt. Nein, nein, das ist schon in Ordnung, dass jeder zweite Vorgarten beleuchtet ist wie die Landebahn fürs Christkind. Das ist schon ok, dass ich in der voll besetzten U-Bahn an einem Fichtenzweig knabbern darf. Und dass irgendwo zwischen Tür und Angel lautstark die Besinnlichkeit beschworen wird, können auch nur Zyniker falsch verstehen.
Also, genießen Sie die letzten Tage vor dem Fest, etwa bei der „Supernacht der Weihnachtsstars“ im Rabenhof (3, Rabeng. 3) mit Maurer, Votava, Haipl & Co. Denn hier wird das Weihnachtsfest äußerst originell mit Bud Spencer und Terence Hill verknüpft. Ja, auch irgendjemand in Wien dürfte Humor haben.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 20.12.2006)