Warum muss man Babys „basteln“?

Jüngst war in einer Illustrierten zu lesen, dass Schlagersängerin Simone und Partner Alex an Nachwuchs denken. Titel: „Jetzt basteln wir am Baby!“ Nun denken zumindest einige Österreicher meiner Generation (Baujahr 1974) bei diesem Begriff an die ORF-Kindersendung „Wer bastelt mit?“, in der verschüchterte Kinder unter der Anleitung von Bastelonkel Franz Kotscher versuchten, Papierflieger zusammenzukleben. Und auch daran, dass Onkel Franz den Kindern die noch unfertigen Stücke immer wieder aus der Hand riss, um sie im Stile eines Oberlehrers selbst fertig zu machen – „und immer schön genau am Falz falten.“ Knisternde Erotik pur, eben.

Die gute Simone ist allerdings nur die mediale Speerspitze, auch in vielen anderen Familien wird der Nachwuchs scheinbar mit Schere, Papier und Uhu-Stick hergestellt. Liebe Leute, so unromantisch kann die Fortpflanzung doch auch wieder nicht sein, dass man dafür Vokabular aus der Kinderwelt bemühen muss, oder? Andererseits, auch die Alternativen haben einen ähnlich schalen Nachgeschmack. Das umgangssprachliche „einen Braten in den Ofen schieben“ ist an Entwürdigung kaum mehr zu überbieten. Und würde man vom „Produzieren“ sprechen, wäre da die Assoziation mit einem Fließbandarbeiter, der wie Charlie Chaplin in „Modern Times“ sichtlich überfordert an einem Werkstück herumschraubt – also auch eher Fehlanzeige. Wir werden also vermutlich damit leben müssen, dass Kinder weiter in Bastelstuben gemacht werden – hoffentlich ohne Onkel Franz.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 30.10.2007)

Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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