Das Geheimnis der Verpackung

So oft man sich in der Vorweihnachtszeit die Frage „Was schenke ich?“ stellt, so selten fragt man sich „Wie verpacke ich es?“. Die Auswahl des Geschenkpapiers ist gerade einmal zweitrangig. Kein Wunder, ist ihm doch ohnehin nur ein kurzer Moment der Aufmerksamkeit beschieden, wenn der Beschenkte das mehr oder weniger kunstvoll bedruckte Papier – auch Zeitungen sollen dafür schon verwendet worden sein – mit einer gezielten Handbewegung vom eigentlichen Objekt der Begierde reißt. Wozu also allzu viel Zeit mit der Auswahl von Motiven, Farbe und Konsistenz des Verpackungsmaterials verbringen, wenn es gerade einmal ein paar flüchtige Sekunden die Aufmerksamkeit des Beschenkten hat.

Das war nicht immer so. Bei Großmüttern und -vätern erlebt man auch heute immer noch ein viel liebevolleres Verhältnis zu Geschenkpapier. Da werden die Klebestreifen sanft gelöst, das Papier fast ehrfürchtig zur Seite gebogen und wieder glattgestreift. Damit es im nächsten Jahr wieder verwendet werden kann. Gute Idee, eigentlich. Und grundsätzlich gut ist auch die Idee der Stadt Wien, Stoffsackerl herzustellen, die statt Papier zum Einpacken verwendet werden können – alle Jahre wieder. Lediglich der Slogan, mit dem sie promotet werden („Nimm ein Sackerl für dein Packerl“), ist nicht ganz so gelungen, weil die Assoziation zur Hundstrümmerlaktion so naheliegt – wie kürzlich an dieser Stelle schon erwähnt wurde. Das Tröstliche daran: Letztlich leidet auch das beste Geschenk, wenn die Verpackung nicht stimmt.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 03.12.2007)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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