Ich weiß nicht, wie Maroni schmecken
24. Oktober 2011 Hinterlasse einen Kommentar
Eis schmeckt am besten, wenn es kalt ist. Damit ist nicht die naheliegende Deutung gemeint, dass Speiseeis ja grundsätzlich gefrorene Flüssigkeit oder Creme ist, sondern die Tatsache, dass es im Winter viel mehr Vergnügen bereitet, einen Becher Eis löffelnd durch die Straßen zu ziehen. Schließlich ist dann die Gefahr um einiges geringer, dass sich das in der Umgebungswärme verflüssigende Gelati in hellbraunen und gelben Strömen (Erdbeereis isst man sowieso nicht) über die Hände ergießt und den Esser in ratlos-entwürdigender Pose und mit klebrigen Fingern ein Taschentuch aus dem Hosensack fischen lässt.
Allein, in der Kulinarik hat sich derzeit ein Hang zur Saisonalität durchgesetzt. Was aus ökologischer Sicht natürlich einen gewissen Sinn hat – frische Kirschen muss man ja wirklich nicht unbedingt im Winter essen. Im Mai würde es ja schließlich auch niemanden nach Sturm gelüsten. In Anbetracht dieser nach Jahreszeiten strikt gestaffelten Essgewohnheiten verwundert es nicht, dass man mit antizyklischem Verhalten vermehrt verwirrte Blicke erntet. So akzeptiert man eben den Herbst als unvermeidbare jährliche Modeerscheinung – und geht zum Maronistand.
Spätestens dort muss ich allerdings gestehen – ich habe bis heute keine Ahnung, wie Maroni eigentlich schmecken. Denn die Esskastanien sind nach ihrem Aufenthalt im Fegefeuer des Bratofens derart heiß, dass selbst aktivstes Blasen kaum Wirkung zeigt. Und so schiebt man die gebratene Frucht im Mund wie eine heiße Kartoffel hastig von der linken auf die rechte Seite und zurück, atmet dazwischen hektisch ein und ist nach gefühlten Minuten des Schmerzes froh, sie endlich geschluckt zu haben. Analog zur Eiscreme bietet sich also auch bei den Maroni ein antizyklischer Genuss an – soll heißen, das sogenannte „Glück der kalten Tage“ schmeckt vermutlich besser, wenn es heiß ist. Obwohl – logisch ist das eigentlich nicht . . .