Schmutzige Gedanken aus Abrahams Wurstkessel
31. Oktober 2011 Hinterlasse einen Kommentar
Die Wurst an sich ist eine bedauernswerte Kreatur. Das hat weniger damit zu tun, dass ihr ständig der alte Kalauer umgehängt wird, dass sie nicht nur ein, sondern gleich zwei Enden hat. Es liegt vielmehr daran, dass ihre gekrümmte Erscheinung geradezu dazu verleitet, ihr einen Mangel an Entscheidungsstärke zu unterstellen – und auch einen ebensolchen an Rückgrat. Auch, dass schwächliche oder vom Schicksal geprügelte Menschen mit dem Begriff „armes Würstchen“ tituliert werden, gereicht der Wurst nicht unbedingt zur Ehre. Die finale Beleidigung findet sich schließlich darin, dass das in Gedärm gedrückte Brät selbst zur umgangssprachlichen Signalisierung von Desinteresse herhalten muss, was zumindest der armen Wurst nicht völlig wurst sein dürfte.
Die Wurst steht darüberhinaus auch noch in Zusammenhang mit schmutzigen Gedanken. Letztere dienen in ihrer Verneinung nämlich häufig dazu, Zeiten zu beschreiben, in denen man selbst noch nicht einmal gezeugt, geschweige denn geboren war. Was das mit der Wurst zu tun hat? Nun, die Phrase „Da warst du noch nicht einmal ein schmutziger Gedanke“ wird häufig auch mit den Worten beschrieben: „Da bist du noch in Abrahams Wurstkessel geschwommen.“ Die Herkunft dieses volkstümlichen Bonmots leitet sich vermutlich aus dem Hebräerbrief im Neuen Testament ab. Darin ist die Rede davon, dass Abrahams Urenkel Levi zur Zeit, als Abraham dem Hohepriester Melchisedek begegnete, noch „in Abrahams Lende“ war. Wie der Volksmund von der Lende auf den Wurstkessel kam, bedarf keiner allzu ausgeprägten Fantasie. Womit wir wieder den Kreis zu den sogenannten schmutzigen Gedanken geschlossen hätten.
In neueren pädagogischen Konzepten wird die Zeit eines Menschen vor seiner Zeugung übrigens mit „Da bist du noch mit den Mücken geflogen“ beschrieben. Warum? Nun, das ist eigentlich völlig wurst.