Der Sojasaucensommelier und der Katzenurin
14. Mai 2012 Hinterlasse einen Kommentar
Sauvignon blanc kann Assoziationen mit Stachelbeere oder Kiwi hervorrufen, gelegentlich wohnt ihm auch eine Maracujanote inne. Aber auch ein Hauch von Gras, Paprika, Brennnessel, Heu, Artischocke und grünem Spargel findet sich in zahlreichen Beschreibungen. Und dann wäre da auch noch ein Aroma, das auf den ersten Blick nicht so recht zu Wein passen will – Sauvignon blanc weckt Duftassoziationen mit Katzenurin. Schon bildet sich vor dem geistigen Auge die Vorstellung eines Sommeliers, der heftig schnüffelnd vor der Katzenkiste sitzt – doch auch, wenn es mittlerweile Sommeliers für so ziemlich alles gibt, von Most über Fleisch und Schokolade bis zum Wasser, die Ausbildung zum Katzensommelier findet sich bis dato noch in keiner Broschüre von Wirtschaftskammer und Volkshochschule.
Auch Sommeliers für Sojasauce müssten erst erfunden werden. Wo doch gerade die asiatische Würze in Qualität und Geschmack oft großen Schwankungen unterliegt. So liegen etwa zwischen traditionell über Monate (und sogar Jahre) fermentierten und industriell beschleunigt gebrauten Saucen Welten. Und auch die Frage, ob es sich um eine chinesische (nur Soja) oder japanische (Soja und Weizen) Sauce handelt, macht einen gewaltigen Unterschied. Ein Berater, welche Sauce zu welchem Gericht passt, wäre also gar nicht so weit hergeholt. Er könnte auch die Frage beantworten, ob Sojasauce so wie Rotwein mit längerer Lagerung immer besser wird. Diese Frage tauchte jüngst in einem asiatischen Restaurant auf – denn das sonnengegerbte Etikett auf der Flasche Sojasauce trug das Ablaufdatum 20.6.2003. Ob es sich beim Inhalt tatsächlich um Jahrgangssauce handelte oder um Sojacuvée, der nach und nach mit billiger Sauce aufgefüllt wurde? Geschmacklich ging der Trank jedenfalls in eine salzige Richtung mit einer leichten Motorölnote. Aber immerhin, Spuren von Haustieren waren keine drin.