Kampf den Laut-Sprechern

Es ist eine sprachliche Unsitte, die in den vergangenen Jahren Mode wurde: zusammengesetzte Worte auseinander zu reißen und mit einem Divis (Trenn- oder Bindestrich) wieder aneinander zu kitten. In manchem Fall ist das allerdings für das Verständnis notwendig. Ein Beispiel? Gut, stellen wir uns einen Kasten neben der Stereoanlage vor, aus dem Musik dringt. Klar: Lautsprecher. Umgekehrt taucht vor dem geistigen Auge die Situation auf, in der man ein Telefongespräch mit einem ruhig parlierenden Architekten führt. Und im Hintergrund erschallt die Stimme eines Kollegen wie ein teutonischer Schlachtgesang: Da hätten wir den Laut-Sprecher.

Das sind auch jene Zeitgenossen, die kaum Verständnis dafür aufbringen, dass man Musik leise und dezent machen kann. Daher bleibt zu hoffen, dass kein Vertreter dieser Spezies zum Konzert von Katie Melua ins Gasometer (3, Guglg. 12, 20 Uhr) mitgeschleppt wird. Denn der süßliche „coffee to go“-Jazz (mit viel Zucker), wie wir ihn auch bei Starbucks im Hintergrund hören, verträgt keine Nebengeräusche. Das Phänomen der Laut-Sprecher betrifft übrigens nicht nur Menschen: Beim Tischgeflüster vom Tanztheater Helix im WUK (9, Währinger Str. 59, 10 Uhr) kann auch mancher Tisch seine Schublade nicht halten.

Zuletzt ein Appell an alle Gleichgesinnten, bei allzu penetranten Laut-Sprechern einzuschreiten und sie mit strafenden Blicken oder anderen taktischen Finessen einzubremsen. Gemeinsam können wir die Welt etwas ruhiger machen. Wir, die Ohren-Schützer.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 27.02.2006)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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