Mehr Samba für die Politik
15. Mai 2006 Hinterlasse einen Kommentar
Greenpeace hat dazugelernt. Früher mag es gereicht haben, mit einem kleinen Schlauchboot auf eine Bohrinsel zuzusteuern und im Fokus der Teleobjektive publikumswirksam den Kampf David gegen Goliath zu inszenieren. Doch in Zeiten medialer Übersättigung ziehen derartige Dinge längst nicht mehr – so wie sich auch kein Mensch mehr durch Bilder blutiger Pelztiere vom Betreten eines Bekleidungshauses auf der Mariahilfer Straße abhalten lässt. Doch ein Mechanismus funktioniert immer noch: Sex. Eine leicht geschürzte Sambatänzerin beim Lateinamerika-Gipfel mit einem Transparent aufmarschieren zu lassen, war ein genialer Schachzug, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf ein Umweltproblem in Südamerika zu lenken.
Davon wollen wir lernen. Also, auf ins Bodega-Manchega, wo wir bei Live-Musik aus Spanien und Lateinamerika lernen, wie Shakira mit den Hüften zu wackeln. Einen ersten Test der erlernten Fähigkeiten absolvieren wir danach im Floridita bei La Sonora Cubana, bevor wir damit unsere politischen Forderungen in die Öffentlichkeit tragen. Sie werden sehen, dass ein geschickt eingesetztes Wackeln mit dem Hintern jeder Debatte den notwendigen Dreh verleiht. Ich sehe schon Ursula Stenzel vor mir, wie sie am Neuen Markt gegen eine Tiefgarage antanzt. Oder Alfred Gusenbauer, wie er schlechte Umfragewerte mit einer gekonnten Linksdrehung im 2/4 Takt einfach aus der medialen Wahrnehmung rückt. Kurz, die Politik bekommt wieder Feuer. Danke, Greenpeace. Viva la Samba!
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 15.05.2006)