Kampf den „Ich auch“-Sagern
3. Februar 2007 Hinterlasse einen Kommentar
Es verlangt ja wirklich niemand, dass jeder nur so vor Ideen sprühen muss. Nein, Ideenarmut erspart auch so manche Diskussion, weil auf diese Weise ein Leitwolf die Richtung vorgibt und der Rest der Gruppe bzw. der Partner brav abnickt. Allerdings setzt sich die unternehmerische Armut an eigenen Gedanken dummerweise oft auch im Sprachlichen fort. Konsequenz ist dann häufig die Phrase „Ich auch.“ Viel mehr an Einfallslosigkeit lässt sich in einem Gespräch ja kaum mehr an den Tag legen. Um bei solchen Menschen auf Widerspruch zu stoßen, muss man dann schon harte Geschütze auffahren, etwa: „Ich möchte am Sonntag gerne zum Roger Whittaker-Konzert in die Wiener Stadthalle gehen.“ Sie werden merken, dass die reflexartige Antwort irgendwo beim „Ich . . . äh“ im Hals stecken bleibt. Auch im Nachhinein dient diese Phrase oft dazu, die eigene Einfallslosigkeit zu legitimieren. „Eigentlich wollte ich auch. . .“ Ja ja, wir wissen schon.
Besonders peinlich wird die reflexartige Verwendung dann, wenn der erwartete Impuls in Wirklichkeit ausbleibt. Zu beobachten ist dieses Phänomen etwa bei Pärchen, die ihre kommunikativen Muster ein bisschen zu sehr verinnerlicht haben. Wenn etwa das beiläufige „Ich dich auch“ ein bisschen zu schnell den Weg vom Rückenmark zu den Lippen gefunden hat. Und dem dummerweise nicht das erwartete „Ich liebe dich“ vorausgegangen ist. Die Folge: Peinliches Schweigen. In diesem Moment würde es nicht schaden, eine gute Idee zu haben. Finden Sie nicht auch?
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 03.02.2007)