Wo sind die süßen kleinen Tauben?

Die städtische Taube hat ein Imageproblem. Dass sie mit Ausscheidungen die Stadt wie mit Zuckerguss dekoriert – aus dem Flakturm im Augarten wurde kürzlich eine vier Meter hohe Schicht entfernt – kann die schlechte Reputation des Vogels allerdings nicht restlos erklären. Schließlich markieren Hunde ja auch ihr Revier mit kleinen Tretminen, die auf arglose Passanten warten. Doch der Hass schlägt nicht den Tieren entgegen sondern ihren Besitzern. Nein, das Problem liegt um einiges tiefer: Hunde sind süß, Tauben nicht. Noch präziser: Kleine Hunde sind süß. Kleine Tauben vermutlich auch. Aber: Wo sind die süßen kleinen Tauben?

Jeder PR-Berater würde den 200.000 bis 300.000 Problemvögeln raten, ihren Nachwuchs in der Öffentlichkeit präsent zu machen. Wer kann etwas gegen Hunde sagen, wenn eine Welpe mit großen Augen hilflos in die Welt blickt? Und die pelzigen Küken von Hühnern sorgen ebenfalls für verzückte Blicke – und kindliche Tränen beim Besuch von Kentucky Fried Chicken (Neueröffnung Filiale Mariahilferstr. 119, morgen Mittwoch). Ein anderer Vogel kämpft nicht mit derlei schwachen Beliebtheitswerten: der Storch. Er wird, was Nachwuchs angeht, ja eher in einem positiven Zusammenhang gesehen. Dass es sich bei Störchen und Kindern um eine kuriose Kausalbeziehung handeln könnte, wird übrigens heute in der VHS Landstraße (3, Hainburger Str. 29; 19.30) diskutiert – beim Vortrag „Populäre Irrtümer“. Apropos, stimmt es wirklich, dass Wiener die Tauben im Park vergiften?

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 20.03.2007)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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