Deckmantel Projektarbeit

Manchen Menschen aus dem Freundeskreis umgibt etwas Mysteriöses. Man geht gemeinsam fort, fährt auf Urlaub, spricht über Privates, führt ideologische Debatten und kennt letztlich all die kleinen Marotten des Gegenübers. Nur bei einem Punkt bleibt ein Fragezeichen: Sobald man die Frage stellt, was der andere denn nun eigentlich arbeitet. „Ich mache Projekte“, wird dann bedeutungsschwanger in den Raum gestellt, garniert mit einem Blick, der ein Weiterfragen unmöglich macht. Ähnlich enden Debatten mit Gastronomen, in deren Lokal Gäste so sporadisch auftauchen wie Karl-Heinz Grasser in einem Secondhandshop. Fragt man den Wirt, wie er mit einem ständig leeren Pub überleben kann, kommt einer Killerphrase gleich: „Ich mache in Import/Export.“ Ach ja, natürlich. Immerhin, bei manchen Berufsgruppen liegt es auf der Hand: Erzählt jemand lapidar, er arbeite im „Internetbusiness“, schneidet er vermutlich Filme für Porno-Webseiten.

Im Kino ist derartige berufliche Geheimnistuerei in „Der gute Hirte“ (Actors Studio, 20.15 h) zu sehen, in dem Matt Damon einen Geheimdienstmitarbeiter spielt (und dem Publikum wieder vergeblich vorgaukelt, ein guter Schauspieler zu sein). Weniger geheimnisvoll sind da schon „Des Ano“, die heute im Radiokulturhaus (Großer Sendesaal, 20 Uhr) ihr Programm „film noir“, ein Crossover aus Wienerlied, Hip Hop und Walzer vorstellen. Die Band setzt sich unter anderem aus dem Lyriker Max Gruber und dem Harmonikaspieler Walther Soyka zusammen. Naja, ein Projekt halt.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.04.2007)

Werbung

Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: