Schenkt kein Tandem, bitte

Während des ganzen Jahres hätte man sie, doch wenn es konkret wird, zumeist kurz vor Weihnachten/Geburtstag/Hochzeit verflüchtigen sie sich zu einem gedanklichen Vakuum – sinnvolle Geschenksideen. Dann sitzt man stundenlang mit Freunden zusammen und wälzt Ideen, die letztendlich doch nicht funktionieren. Nun hat die Geschenkartikelindustrie mit eigenen Abteilungen in Buchhandlungen oder sogar eigenen Shops Produkte genau für jene kreativen Aussetzer bereitgestellt, doch genau diese Notlösungsmentalität bemerkt der Beschenkte auch sofort, wenn er Scheußlichkeiten wie „Happy Birthday“-Häferln mit Diddlmaus oder Sternzeichen-Bücher überreicht bekommt. Sollte sich doch ein Genieblitz der Geschenksfindung abzeichnen, reicht die Zeit mit Sicherheit nicht mehr aus, das Geschenk zu besorgen. Obwohl, das ist vielleicht auch besser so. Denn so wahnsinnig originell die Idee auch ist, einem Paar zur Hochzeit ein Tandem zu schenken, so wirklich groß wird die Freude über das unhandliche Freizeitgerät dann doch nicht sein.

Versuchen Sie es mal mit Geschenken, mit denen man wirklich etwas anfangen kann. „Nordkorea. Fotografien aus einem abgeschotteten Land“ etwa, ein herrlicher Bildband aus einer der schrulligsten Diktaturen der Welt. Oder „XXX 30 Porno-Stars im Porträt“ von Timothy Greenfield-Sanders – so unerotisch wurde kaum ein Pornodarsteller je gezeigt. Wie, das passt nicht zum Beschenkten? Dann wechseln Sie lieber Ihren Freundeskreis. Oder bleiben bei der Diddlmaus.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 09.10.2007)

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Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

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