W-Lan on the Rocks ohne Eis

Dass drahtloser Internetzugang an öffentlichen Orten kein Geschäftsmodell an sich ist, mussten vor einiger Zeit die Stammgäste des Café Stadlmann in der Währinger Straße 26 schmerzhaft zur Kenntnis nehmen. Zwar prangt noch immer unübersehbar und grell der Hinweis auf einer der Fensterscheiben, dass im Lokal W-Lan angeboten wird, doch schon auf der nächsten Scheibe muss man „Zu vermieten“ lesen, dahinter ist es dunkel. Traurig. Für Studenten der Politikwissenschaft war das Stadlmann oft genug Hörsaal, Seminarraum und Sprechstundenzimmer. Ganze Seminararbeiten wurden auf den durchgesessenen Sitzbänken, unter denen die Federn schon deutlich spürbar waren, auf dem Laptop geschrieben. Und wo liest jetzt wohl Barbara Coudenhove-Kalergi ihre Morgenzeitung?

Aber egal, vermutlich ist der Stellenwert von W-Lan ohnehin überbewertet. Denn andere Lokale leben immer noch ganz gut, obwohl sie sie den Umgang mit drahtlosem Internetzugang nicht ganz so dramatisch wichtig nehmen. Nehmen wir etwa die Shultz-Bar in der Siebensterngasse. Dort stapfte kürzlich ein alter Freund hinein, der seine UMTS-Karte irgendwo liegen gelassen hatte. „Haben Sie Wireless-Lan?“, fragte er den südamerikanisch anmutenden Barkeeper. Darauf dieser, mit einer gewissen Verunsicherung in der Stimme: „Ist das ein Cocktail?“ Macht ja nichts, dann surfen wir eben nicht auswärts sondern bleiben daheim – vielleicht bei einem „Chello on the Rocks“ oder einem „Aon Pur“. Prost!

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 26.11.2007)

Werbung

Über Erich Kocina
Erich Kocina, Redakteur der Tageszeitung "Die Presse"

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: