Shine on, you crazy Hornhauthobel
10. März 2008 Hinterlasse einen Kommentar
Sie sind die stillen Helden des Alltags, die nie in der ersten Reihe stehen. Doch unsere Hochglanzwelt wäre ohne sie nicht möglich. Darum wollen wir ein Loblied singen auf jene Dinge, die im Badezimmerschrank weggesperrt nie das Scheinwerferlicht erblicken, das nur auf jene fällt, die sich ihrer vorher bedient haben. Halten wir inne im Gedanken an den Nasenhaarschneider, wenn uns ein einzelnes Haar, das einen halben Zentimeter aus der Nase des Gesprächspartners lugt, in den Wahnsinn treibt. Preisen wir den Hornhauthobel, wenn der Frühling die ersten Sandalen auf die Straßen treibt. Und lassen wir uns das Wort „Komedonenquetscher“ auf der Zunge zergehen, wenn wir uns beim Anblick eines eitrigen Mitessers auf der Stirn des Gegenübers kaum zurückhalten können.
Auch wenn der Gedanke an den Umgang mit derlei Gerätschaften von Einigen mit Ekel quittiert wird, freut man sich doch, wenn sie benutzt wurden. Eigentlich ist es eher die Freude, nicht daran denken zu müssen, dass jemand sie besser benutzt hätte. Komisch, eigentlich, dass reine Haut und glattrasierte Nasenlöcher als selbstverständlich betrachtet, deren Herstellung jedoch aus jeglicher Unterhaltung verbannt werden. Andererseits irgendwie auch verständlich, gilt ja auch als Zeichen dafür, dass die sexuelle Anziehungskraft zwischen zwei Menschen nachgelassen hat, wenn man in Gegenwart des Partners die Zehennägel schneidet. Eine Enttabuisierung derartiger Körperlichkeit, wie Charlotte Roche sie in ihrem Debütroman „Feuchtgebiete“ vornimmt, hat dennoch einen gewissen Reiz. Es amüsiert durchaus, übertriebene Hygiene und Schönheitswahn so wie die Autorin mit offensiver Verweigerung anzupacken. Doch falls Sie schon beim Lesen dieser Kolumne der Ekel gepackt haben sollte, lassen Sie lieber die Finger davon.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.03.2008)